Durch das mittelalterliche Europa

Schweren Herzens flog ich am 24. April nach Europa, wohlweislich nicht direkt nach Deutschland, sondern zuerst einmal nach Madrid um mich dann langsam Deutschland zu nähern. Ich wurde in eine ganz andere Welt katapultiert. Meine Schwermut hielt nicht lange an, erstens wurde ich von Inma, einer Radfahrerin aus Madrid äusserst nett empfangen, hatten lange Diskussionen über Radfahren und das Leben überhaupt,  und zweitens war ich von der Stadt sehr begeisterte. DSC09014Ich war wirklich erstaunt, dass mir nicht bewusst war, wie schön die Stadt ist, obwohl ich schon einmal hier war. Vielleicht war ich jetzt besonders sensibilisiert dafür, da ich solch prachtvolle Schlösser DSC09005alte Häuser und enge Gässchen schon lange nicht mehr gesehen habe.

Von Inma bekam ich eine Wegbeschreibung, wie ich am besten mit dem Fahrrad die Stadt verlasse. Auf rot markierten Fahrradwegen ging es aus der Stadt, durch Parks, auf wenig befahrenen Strecken an Palästen vorbei, wie hier
DSC09017der Palacio de Aldovea. Es war wahrscheinlich auch die beste Jahreszeit, alles war grün, die Sonne schien und strahlend blauer Himmel.

Als ich mich dann auf dem Single Trail wieder fand,
DSC09020

war ich schon etwas erstaunt. Wenn mich jemand gesehen hätte, hätte er mich sicher für verrückt erklärt, mit dem ganzen Gepäck dort lang zu fahren. Ich hatte ja mittlerweile genug Übung, hatte deswegen keine Bedenken.

Die Wegbeschreibung endete in Alcalá de Henares, einem uralten Ort, Weltkulturerbe,  von dem ich noch nie etwas gehört hatte, andere anscheinen schon, es wimmelte von Touristen.

Eines der positiven Seiten wieder zurück in Europa zu sein, war erst einmal der Frühling,  alles grünte und blühte, dann die langen Tage. Ich geriet nicht mehr so unter Stress, da es am Abend noch lange hell war, um einen Platz zu finden, wo ich mein Zelt aufstellen konnte.

Am nächsten Tag beschloss ich trotz meiner Aversion gegen grosse Städte durch Guadalajara zu fahren um ein paar Sachen zu besorgen. Und wieder wurde ich mit prachtvollen Bauten belohnt,

DSC09027wie hier der Palast Infantado, der im 15./16. Jh erbaut wurde, an dem man gut den arabischen Einfluss sehen kann
DSC09030Langsam hatte ich das Gefühl, ich fahre durch ein riesiges Open Air Museum und verstand meine australischen Freunde, die sehr gerne nach Spanien und Frankreich zum Radfahren kommen. Solch historische Bauten gibt es in Australien, Neuseeland und auch in Südamerika nicht.

DSC09036Selbst die vielen kleinen Dörfer haben meist eine Kirche aus dem 12. Jh zu bieten.

Was auch zum Genuss durch Spanien zu radeln beigetragen hat, waren die viele Verästelungen des Jakobsweges

DSC09038Kaum ein Weg der nicht mit der gelben Muschel, dem Wegweiser nach Santiago de Compostella, gekennzeichnet war. Hier fand ich eine Teilstrecke, die in meine Richtung führte und auch gut mit dem Fahrrad machbar war.
DSC09044Es gibt auch noch in Europa herrliche, einsame Gegenden zum Fahrrad fahren. Es ist allerdings nie so abgelegen, dass man befürchten muss, kein Wasser mehr zu finden oder Proviant für die nächsten Tage mitschleppen muss.

Die ganze Jakobsweg Initiativen haben auch noch einen anderen Vorteil: günstige Übernachtungsmöglichkeiten. Wenn man mal von der Hauptroute von Saint-Jean-Pied-de-Port nach Santiago absieht. Eines Abends kam ich in eine kleine Stadt, in Mitten von Weinbergen und Obstplantagen. Kein guter Platz zum Zelten, darum beschloss ich in dem Ort nach einem Zimmer zu fragen. Die Polizei kam herbei und fragte mich, ob ich auf dem Camino unterwegs sei. Zuerst meinte ich, nicht direkt, worauf der sehr nette Polizist meinte, ich solle einfach „ja“ sagen.  Für Pilger werden in dem Ort die Baracken für Saisonarbeiter, Obstpflücker zu Verfügung gestellt. Mit einem „echten“ Pilger aus Barcelona, teilte ich mir die luxuriöse Baracke. Natürlich war sie nicht wirklich so luxuriös, wenn man es allerdings mit dem Zelt vergleicht, ist schon eine Dusche mit heissem Wasser, Herd, Kühlschrank etwas ganz  besonderes.

Einer meiner letzten Ziele war Andorra. Diese Berge in den Pyrenäen wollte ich mir einfach antun. Dazu ging es zuerst durch die alten, fast total verlassen Dörfer.
DSC09054Manchmal hat man wirklich das Gefühl, die Gesamtbevölkerung wohnt in Madrid und den anderen wenigen grösseren Städte in Spanien. Der Rest ist weitgehendst leer.

Manchmal wurde ich gefragt, woher ich komme. Als ich Deutschland sagte, wollten sie kaum glauben, dass ich von Deutschland, nach Spanien mit dem Fahrrad gefahren bin. Dabei habe ich nicht einmal erwähnt, auf welchen „Umwegen“ ich von Deutschland nach Spanien gefahren bin.

Entlang von Flüssen und Seen ging es auf der C-13 in die Berge.
DSC09070Tiefe Schluchten, vor allem, wo der Fluss gestaut wurde, und leuchtend türkisfarbenes Wasser.
DSC09074Vor lauter Begeisterung von der Landschaft, fällt einem kaum auf, wie es den Berg hoch geht. Es war Wochenende und wunderbares Wetter. Das nutzten viele Motorradfahrer aus. Ich beschloss eine kleinere Route zu wählten. Der Besitzer des Campingplatzes meinte noch, das wäre zu gefährlich, kleine schmale, kurvige Strassen, da wäre kaum ein Auto unterwegs. Er sah schnell ein, dass das genau das war, was ich wollte und er es nur von der Autofahrerperspektive gesehen hat.

Hier ging es jetzt wirklich den Berg hoch,
DSC09078durch das kleine Örtchen Boixols. Sehr bemerkenswert, in welcher Abgeschiedenheit hier die Leute leben.
DSC09086Anscheinend kommen noch andere Fahrradfahrer auf die Idee über den Pass de Boixol zu fahren, sonst wären nicht nach jedem Kilometer diese Hinweisschilder
DSC09091Man wird ständig über Höhe und % Steigung auf dem Laufenden gehalten. Anscheinend brauchen das die Rennradler. Ich war die einzige die voll beladen die Berge erklommen hat.
DSC09094Wie fast immer, als Belohnung hat man eine wunderbare Abfahrt.

Nach Andorra hat mein nicht viel Möglichkeiten, ich blieb auf der N14, die am Montag morgen zum Glück nicht mehr so befahren war, wie am Sonntag Abend. Sanft geht es auf dieser Seite hinauf zur Grenze.
DSC09099In diesem Steuerparadies wird man zuerst mal mit einem Shopping Center an dem anderen empfangen, was im krassen Gegensatz zu der schönen Bergwelt steht. Da mir gerade am Abend vorher mein Kocher kaputt gegangen ist, habe ich doch das eine oder andere von innen angeschaut, ich brauchte unbedingt einen Neuen.

Ziemlich in der Mitte des Minilandes die Stadt Andorra.
DSC09103Auch vom Konsum geprägt, überhaupt wenn man etwas für den Motorsport möchte, ist man hier an der richtigen Adresse. Sie hat aber auch eine schöne Innenstadt, wo ich das erste Mal seit langem auf viele deutsche Touristen traf, was mir wieder das baldige Ende der Reise bewusst machte.

Nach Andorra Stadt geht es richtig bergauf.
DSC09106Auch hier wird man stets informiert, wie weit es noch zum Pass ist, wie viele Höhenmeter man noch hoch muss, welche Steigung einen auf dem nächsten Kilometer erwartet.
DSC09107Recht praktisch, so kann man seine Kräfte gut einteilen. Auch hier kamen nur Rennradler vorbei. Schwer beladen wie ich war, erhielt ich einige anerkennende Bemerkungen von den jungen Burschen. Als Frau in meinem Alter gefällt einem das besonders.

Auch ich erreichte schliesslich den Pass (2408m)

DSC09111Die Skisaison muss gerade beendet worden sein. In dem riesigen Skigebiet lag noch viel Schnee auf den Pisten.

Hinter dem Pass kommt bald die französische Grenze. Vorher aber noch die Konsumtempel.
DSC09115Vor allem Zigaretten, Alkohol und Schokolade! Wenn ich gewusst hätte, wie teuer Frankreich ist, hätte ich mich auch etwas besser eingedeckt. DSC09117Danach hatte man einen weiten Blick ins Tal. So wie das da hinunter ging, befürchtete ich schon, dass ich dann auch ganz schön wieder nach oben muss. Zuerst einmal genoss ich die ca 37 km hinunter auf ca 800 Höhenmeter in den Badeort Ax-les-Therme. Jetzt war ich schon in Frankreich, das Ende nahte mit jeder Radumdrehung.  Bis zum Schluss wollte ich die Reise noch geniessen.

Vorerst wurde ich noch gefordert. Ein Pass jagte den anderen.

DSC09119Raus aus dem Tal von Ax-les-Therme war es der Höchste
DSC09120Auch hier wurde einem immer wieder der Lagebericht präsentiert.
DSC09121Das Wetter machte zum Glück noch mit und der Frühling zeigte sich von seiner schönsten Seite.
DSC09124Es war schon Spätnachmittag als ich den Col du Chioula erreichte, auf einer kleinen Wiese in einem kleinen Dorf konnte ich mein Zelt aufstellen.

Anstatt einer schönen Abfahrt, wieder Pässe.
DSC09126Dann auch noch dichter Nebel. Ich habe mir überlegt, wann ich das zum letzten Mal hatte, keine Ahnung. Für mich war es eine typisch europäische Erscheinung.

Die Pässe wurden immer niedriger, manchmal hatten sie kaum diesen Namen verdient.

Auf dem Weg nach Narbonne gelangte ich auf die Route de Cathare. Es war noch hügelig, aber fast auf jedem Hügel befand sich eine Burg, Schloss oder Kloster.

DSC09128Dann endlich Narbonne,

DSC09139So nah am Mittelmeer, dass nun wirklich alle Berge und Pässe der Vergangenheit angehörten. Vor allem als ich nach Beziers an den Canal de Midi kam,
DSC09153gönnte ich mir einen Tag „Erholungsradeln“, einfach so am Kanal entlang gondeln hat schon was für sich. Allerdings war ich über die Vielzahl der Radfahrer, vor allem Familien erstaunt. Erst am Tag danach fiel mir auf, es war ja 8. Mai, Feiertag in Frankreich.

Einen Tag kann ich das schon mitmachen, danach brauche ich wieder einsamer, interessantere Strecken, was da unten am Mittelmeer kaum zu finden ist.

DSC09160Auch hier waren einige Radfahrer unterwegs. Die neu angelegten Radwege und das prima Wetter waren auch zu verlockend.
DSC09161Eigentlich braucht man gar nicht in die weite Welt fahren, auch hier, in der Camargue gibt es rosa schimmernde Salzseen und Flamingos, die allerdings mehr weiss als rosa sind.
DSC09164In der mittelalterlichen Stadt Aigues-Mortes war auch die Hölle los. Das angenehme war, die Touristen mussten ihre Autos vor den Stadttoren lassen. Aber auch so bin ich mit dem Fahrrad kaum durchgekommen.
DSC09169Fast alle der zahlreichen Plätze wurden von den Cafés und Restaurants eingenommen, praktisch jeder Tisch war besetzt, nichts für mich. Unter dem Aspekt lohnt es sich in die weite Welt zu fahren.

Kaum aus der Stadt heraus, traf ich auf das erste Schild für den Fahrradweg der Rhone entlang.
DSC09171Fantastisch und erstaunlich ruhig konnte man auf neuem Belag dahin fahren. Vor allem war erstaunlich, dass mir nur sehr wenige Radfahrer begegneten. Es dauerte nicht lange, da merkte ich warum. Nach ein paar Kilometer war vorerst Schluss. Ein Radfahrer erklärte mir, dass dieses Teilstück erst seit diesem Jahr fertig ist, wahrscheinlich deswegen noch recht unbekannt.

Dann konnte ich wieder meine eigene Strecke über die Dörfer suchen, was nicht mehr so einfach, aber ruhiger und interessanter war.

Als ich weiter nördlich an die Rhone kam, waren die Feiertage und Wochenende vorbei, ich konnte mich wieder an den teilweise neu angelegten Fahrradwege erfreuen. Manche Abschnitte sind noch nicht fertig, aber bald kann man wahrscheinlich von hier bis an das Mittelmeer nur auf Fahrradwegen fahren.

Nicht immer sind die Strecken angenehm, die Dichte der Kernkraftwerke entlang der Rhone ist sehr hoch.
DSC09178Die Bemalung der Kühltürme macht es für mich auch nicht angenehmer.
DSC09180In den idyllischen Abschnitten kann man deren Existenz leicht vergessen und sich an dem Grün der Natur erfreuen, überhaupt wenn jegliche Strassen weit entfernt sind.

Eigentlich dachte ich, ich komme zur Kirschblüte zurück,
DSC09183war dann nicht enttäuscht, dass die Früchte im Rhonetal schon teilweise reif waren. Das erfreut doch immer wieder, wenn man neben dem Baguette,
DSC09187was erfrischendes bekommt.

Am 15. Mai wollte ich in Deutschland sein. Mir war klar, dass es mir zeitlich nicht reichte, überhaupt da ich die Fahrt über die Pyrenäen so sehr genossen hatte und ein paar Schlenker gefahren bin. Die Strecke von Strasbourg, nach Lyon bin ich schon so oft gefahren, dass ich es nicht als Verlust ansah, dieses Mal den Zug zu nehmen.

Allerdings habe ich immer einen grossen Bogen um Lyon gemacht. Diesmal sagte ich mir, jetzt war ich in so vielen Millionen Städte, dass ich ruhig auch in die Innenstadt von Lyon fahren kann.  Dieser Abschnitte fehlt noch total vom Rhonetalradweg und es wird empfohlen den Zug zu nehmen. Schlimmer als Hongkong oder Manilla wird es schon nicht werden, dachte ich. Tatsächlich war es dann auch ein Klacks. Ein netter älterer Radfahrer zeigte mir auf der Karte genau, wie ich fahren muss. Immer schauen, dass man die Rhone neben sich hat, auch wenn teilweise Autobahnen dazwischen sind.

In meiner letzten Nacht wollte ich unbedingt nochmals zelten, meine Freiheit geniessen, fand dann etwas nördlich am Gestade der Saonne ein uneinsichtiges Plätzchen. Normaler Weise schaue ich, dass ich weiter weg von der Bevölkerung bin, das ging hier nicht und ich war zuversichtlich, dass mir jetzt in der letzten Nacht nichts passieren wird. Dem war dann auch so, ich glaube nicht einmal, dass mich jemand gesehen hat und ich konnte es schön in Ruhe geniessen.

Am nächsten Tag trat ich schweren Herzens meine letzte Etappe an. Zuerst zurück nach Lyon auf den Bahnhof.

DSC09197Die Zugfahrt war etwas komplizierter, da die TGVs von Lyon nach Strasbourg keine Fahrräder mitnehmen. So musste ich zweimal umsteigen, was die Rückkehr nach Deutschland um ein paar Stunden wenigstens verzögert.
DSC09199In Strasbourg am Münster dachte ich, schon ein imposantes Gebäude, dafür bin ich aber nicht zurück gekommen. Weiter zum Rhein, auch hier hat sich fahrradmäßig einiges getan, alles viel einfacher als noch vor 20 Jahren.
DSC09203Deutschland schien sich nicht so sehr über meine Rückkehr zu freuen, der Himmel war total schwarz und ich wartete nur darauf, bis es anfängt zu regnen. Das erleichterte meine Heimkehr auch nicht besonders.

Jetzt umdrehen wäre ja auch blöd, dachte ich und machte mich auf die „Passerelle des Deux Rives“, die Fahrrad und Fußgängerbrücke, die seit der Landesgartenschau die zwei Rheinufer miteinander verbindet.

DSC09204

Auf der Brücke sah ich auf der anderen Seite einige Orte, die in mir nette Erinnerungen mit Freunden wach riefen. Bei aller Trauer um meine verlorene Freiheit und Abenteuer, sehe ich jetzt wieder Freunde und Familie. Zuerst besuchte ich Freunde in Kehl, dann kam meine Schwester und holte mich ab.

Sesshaft möchte ich mich momentan noch nicht werden, brauche noch ein paar Wochen um alles nötige zu regeln, mein Fahrrad und Ausrüstung wieder in Ordnung zu bringen und Vorträge vorzubereiten. Mal sehen, was sich sonst noch Interessantes ergibt.

So, das ist jetzt das

Ende 

des Blogs. Zum allerletzten Schluss noch ein paar Fakten:

Dauer: 2 Jahre, 3 Monate, 1 Woche
Länge: 48028km
Platten: keine Ahnung, aber sehr wenige
Unfälle: keine nennenswerten

Weitere Informationen über meine nächsten Vorhaben werden auf meiner Web-Seite „www.dorothee-fleck.com“ bekannt gegeben.

Urlaub in Uruguay

Gleich hinter der Grenze Brasilien / Uruguay, war der Unterschied zwischen den zwei Ländern deutlich zu spüren:
DSC08759Auf einmal war es schön ruhig, leer und kein Verkehr. Es war so richtig entspannend zu fahren.
DSC08764Mit den schönen Plätzen am Strand, fühlte es sich wie Urlaub an.

DSC08768

Da ich mich um nichts mehr viel kümmern musste, ich hatte noch genug Zeit bis zu meinem Flug, Essen, Wasser, Übernachtungsmöglichkeiten gab es genug, beschloss ich,  in Uruguay Urlaub zu machen. Es gab sowieso zu viele schöne, interessante Sachen, um einfach durch zu brausen.
DSC08773Z.B. die Fortaleza de Santa Teresa, einer der ältesten Bauwerke, die ich in Südamerika gesehen habe. Die Portugiesen begannen schon im 18. Jh mit dem Bau, wurde dann von den Spaniern vollendet. Diese eindrucksvolle Festung befindet sich im Parque National de Santa Teresa
DSC08789der durch die Vielzahl der verschiedenen Baumarten bekannt ist.
DSC08803Vor allem natürlich Palmen.
DSC08811So ruhig wie das Land ist, so entspannt sind die Leute, vor allem in Cabo Polonio, der in den Atlantik ragenden Halbinsel.

DSC08829Die ganze Gegend ist heute Naturschutzgebiet. Obwohl es an kein Strassen- oder Stromnetz angeschlossen ist, gibt es einen Ort, in dem nicht einmal 100 Leute leben. Früher waren es hauptsächlich Fischer, heute wechseln sich kleine Restaurants, Hostels und vor allem Künstlerbuden ab. Die schöne Strände in den Buchten locken einige Touristen her.
DSC08835Um den Leuchtturm tummeln sich die Seelöwen, deren Anzahl weit höher ist als die der Menschen.
DSC08841Je südlicher man kommt, desto mehr nimmt die Bevölkerung zu.
DSC08854Und umso exklusiver wird es. Der erste grössere Ort ist Maldonado mit der vorgelagerten Touristendestination Punta del Este. Diese auf einer Halbinsel gelegene Stadt liegt an der Mündung des Rio de la Plata in den Atlantik. Allerdings ist der Fluss hier so breit, dass man meint es sei schon das Meer. Allerdings merken vor allem die Surfer den Unterschied. Auf der Meerseite ist es weit ruppiger als auf der Flussseite.

DSC08863Der Anblick von Weitem reichte mir. Diese Hochburgen musste ich nicht von Nahem gesehen haben. In Maldonado traf ich Anita und blieb ein paar sehr inspirierende Tage. Sie ist auch passionierte Radreisende und hat ihm Rahmen ihrer Diplomarbeit in Psychologie einen Film über die Freiheit beim Radreisen gemacht. Leider ist dieser Film auf YouTube in Deutschland wegen GEMA Rechten nicht verfügbar!!

Nachdem ich wieder einige meiner Sachen in Ordnung brachte und Anita mir Übernachtungsmöglichkeiten für Montevideo und Buenos Aires besorgt hatte (vielen Dank), ging es weiter Richtung Südwesten. Ich liess mir massig Zeit. Wenn ich wie hier

DSC08871ein schönes Plätzchen am Strand fand, gab es für mich keinen Grund weiter zu fahren. Wie auch schon zu Anfangs bemerkt, ich war ja jetzt quasi im Urlaub.

Auf einmal kamen mir die ersten Horden Radfahrer entgegen. So etwas hatte ich seit China nicht mehr gesehen.
DSC08884Sie kamen aus Chile, Argentinien, Deutschland, Frankreich etc… und waren allen auf dem Weg zur Fussball-WM nach Brasilien.

In Montevideo konnte ich bei Freunden von Anita wohnen. Da Anita ist schon wesentlich jünger als ich, die Jungs sind noch jünger, war aber sehr nett, so konnte ich die grosse Stadt sehr gut ertragen. Obwohl ja 1,5 Millionen Einwohner für eine Hauptstadt des Landes nicht gerade gross ist.
DSC08897Um den Plaza Independencia gruppieren sich die alten Gebäude,
DSC08898wie hier das Palacia Salvo. Erstaunlich wie hoch die sind. Dieses war mal das höchste Gebäude Südamerika (105m), es wurde Anfang des 20.Jh fertig gestellt. Mitten auf dem Platz befindet sich das Mausoleum des Artigas, dem uruguayischen Freiheitskämpfer. Ich konnte nicht glauben, dass man da wirklich die sterblichen Überreste sieht. Also musste ich hin, war dann einerseits beruhigt, andererseits enttäuscht, dass da nur eine grosse Urne stand, die von zwei Soldaten bewacht wurde. DSC08918Schlendert man durch die Nebengassen stösst man immer wieder auf Plätze und Kirchen. Die Stadt hat wirklich einiges zu bieten.

Auf dem Weg nach Colonia del Sacramento traf ich wieder auf ein paar Radfahrern auf dem Weg nach Brasilien. Dieser hatte was patentverdächtiges auf dem Kopf,
DSC08929ein Helm mit einem Solarladegerät, Marke Eigenbau. Näher kann das Gerät der Sonne nicht kommen. Leider ist das Gerät auch in dieser Position nicht leistungsfähig genug.

Ende des 19. Jh. kamen viele Europäer nach Uruguay, auch Schweizer, die Nuevo Helvetica gegründet hatten.
DSC08933Diese Kolonie ist mittlerweile zu einer kleinen Stadt heran gewachsen.
DSC08939Der Bezug zum europäischen Heimatland ist noch klar ersichtlich.

Noch ein Stückchen weiter im Westen ist das kleine, Weltkulturerbe-Städtchen Colonia del Sacramento.

DSC08963Es wurde schon Ende des 17.Jh von den Portugiesen gegründet, als Festung gegen die Spanier auf der anderen Seite des Rio de la Plata in Argentinien. Es war Jahrhunderte mitten im Feuergefecht zwischen Spanien und Portugal, bis es 1995 zum Weltkulturerbe erklärt wurde.
DSC08969Jetzt wird es nur noch von Touristen bestürmt. DSC08974Auch ausserhalb der Altstadt ist es sehr malerischDSC08953wie die Häuserwand der Bibliothek, mein Fahrrad ist kaum zu entdecken.
DSC08950Dafür die anderen Mietfahrräder.
DSC08952Eigentlich sehr brauchbar und praktisch, nur macht das Kopfsteinpflaster, das teilweise aus der Zeit der Portugiesen stammt, etwas Mühe.

Das war fast der Abschluss meiner Südamerikarundreise. Mit der Fähre ging es über den Rio de la Plata direkt nach Buenos Aires. Diese fast 10-mal so grosse Stadt wie Montevideo war wesentlich anstrengender. Die Innenstadt mied ich so weit ich konnte. Nur Nachts mit meinem jungen Gastgeber durch die Gassen fahren war ein Genuss.

Ich war froh, als das Flugzeug mich ein paar Tage später aus der Stadt holte, allerdings hielt die Freude sich in Grenzen, wieder nach Europa zu fliegen.

In den 6 1/2 Monaten in Südamerika bin ich ungefähr 14000km gefahren.

Durch Südbrasilien an die die Küste

Gut erholt bin ich in Foz do Iguazu gestartet. Das war auch ganz gut so. Die nächsten 800km waren ganz schön hart. Ich bin dem Rat der Radfahrer aus Foz und Curitiba gefolgt und bin auf der RN 277 Richtung Küste gefahren.

Der erste Tag war ein Sonntag, in sofern vom Verkehr her OK, nicht so viele Lastwagen, auch am Montag war es noch angenehm. Überall in Brasilien war es hervorragend, dass ich nie Probleme hatte einen Platz zum Zelten zu finden,

DSC08518Die Leute liessen mich neben Kirchen, an Hotels natürlich auch Tankstellen zelten.

Zwischen Foz und Curitiba gab es nicht viele grössere Städte, dafür viele Kolonien, von Polen, wie die Kirche oben, Ukraine, Deutschland natürlich auch. Und viele Hügel !
DSC08526Nur ein kleines Gebiet gehörte den Eingeborenen.
DSC08530Am Strassenrand verkauften sie ihre waren, dahinter standen ihre Holzhütten. Das und die vielen bunten Schmetterlinge waren
DSC08535waren eine nette Abwechslung auf der Strecke. Ansonsten war es ein ständiges Auf und Ab. Ohne wirklich einen Berg erklommen zu haben, bin ich täglich mindestens 1500 Höhenmeter gefahren.
DSC08541So etwas mag ich einfach nicht. In Paraguay waren es bei weitem nicht so schlimm. Auch wenn man es auf den Fotos nicht so sieht, der Verkehr war an den Werktagen schrecklich! Viele Lastwagen bringen über diese Strecke die Ernteprodukte zum Hafen. Der Hauptgrund warum die Radfahrer die Strasse trotzdem so mögen, ist, sie hat fast durchgehend einen breiten Seitenstreifen und ist deswegen sehr sicher. Das ewige Auf und Ab und der Lärm des Verkehres machte mir ganz schön zu schaffen und ich fragte mich, warum ich mir das antue. Es dauerte ein paar Tage bis ich endlich eine Landkarte fand. Sonst hätte ich mir schnell eine Alternative gesucht. Auch weil mir in Foz gesagt wurde, die anderen Strassen wären viel zu gefährlich, blieb ich auf der Strecke.

In Deutschland wäre es nicht erlaubt, auf solchen Strassen Fahrrad zu fahren.

DSC08558Hier in Brasilien wird sogar auf Radfahrer aufmerksam gemacht. Es war Sonntag als ich nach Curitiba kam. Und es gab einige Radfahrer auf der Strecke. Als ob wirklich das die einzige Strasse wäre, wo man neben dem starken Verkehr Radfahren kann.

Curitiba war dann ein wahre Überraschung und ich war dann ganz froh, dass ich es so lange auf der RN277 ausgehalten habe, sonst hätte ich diese fantastische Stadt verpasst.

DSC08561Mitten in der Stadt waren Strassen für Autos gesperrt, entweder mit dem eigenen oder geliehenen Fahrrad konnte man die Runde ziehen. Ich habe extra nachgefragt, anscheinend findet es jeden Sonntag statt.

Die Fahrradkultur und -propaganda zieht sich durch die ganze Stadt.

DSC08591Vom 13. bis 16. Februar war  hier da 3. Forum Mundial da Bicicleta. Wieder einmal was verpasst.

DSC08581Dieses fantastische Wandbild ist von Mona Caron aus San Fransisco.

DSC08594

Von wem dieses Wandbild ist, weiss ich nicht.

DSC08613

Und überall hin noch dieser blaue Elefant, das Plakat für das Forum.

DSC08599

Es gibt nicht nur Fahrradkultur in der Stadt, es gibt auch das Oscar Niemayer Museum.

DSC08573

Selten habe ich ein Museum gesehen, das so von der Bevölkerung genutzt wird. Die Anlagen drum herum laden besonders an einem schönen Sonntag dazu ein.
DSC08595Auch die Innenstadt hat ausser der Universität noch einiges zu bieten.

DSC08605Im 18./19. Jh wurde diese Stadt von den Portugiesen gegründet.
DSC08612Es kamen bald Einwanderer aus anderen europäischen Ländern, die sich vor allem in Kolonien ausserhalb der Stadt niedergelassen haben. Man sieht aber auch deren Auswirkung im Zentrum.
DSC08610Ich kann nicht behaupten, dass das Schild bei mir heimatliche Gefühle geweckt wurden.
In dieser Stadt hätte ich gut noch einige Zeit verbringen können. Da noch einige Kilometer vor mir liegen, bis ich im April nach Europa fliege, zog ich doch weiter.
DSC08622Curitiba liegt auf ca 900m, einer Hochebene, d.h. zum Meer musste es einige Meter nach unten gehen. Nach ein paar weiteren Auf und Abs, war es dann soweit. 14km nur runter. Es hätte sehr schön sein können, wenn der Verkehr nicht so stark gewesen wäre. Ich konnte allerdings froh sein, dass ich nicht in die andere Richtung gefahren bin. Ein Lastwagen nach dem anderen stand mehr, als dass er fuhr, den Berg hoch. Den Berg hinunter ging es mit dem Atmen noch. Berg hoch wäre eine Katastrophe gewesen.

Es müssen einige Unfälle immer sein. immer wieder kommen „Service Stations“ da steht ein Krankenwagen, ein Fahrer, eine Krankenschwester und ein Arzt immer bereit und warten, bis was passiert. Man bekommt auch richtiges Trinkwasser und meistens sind sie sehr nett, freuen sich über eine Abwechslung, wenn ich daher gefahren komme. Von denen habe ich erfahren, dass nicht mehr sehr viel weiter, eine deutsche Kolonie kommt, wo ich sicher zelten kann.

Die Kolonie war schnell gefunden, sie war mit „Grüner Wald“ ausgeschildert. Obwohl einiges auf Deutsch angeschrieben war, traf ich zuerst auf zwei Jungs, die konnten kein Wort Deutsch. Ich fuhr ein Stück weiter, fand dann eine Frau, ungefähr in meinem Alter, die sprach noch sehr gut Deutsch. Zuerst war sie ein bisschen zurückhaltend, dann hatte ich das Gefühl, sie freut sich, dass sie jemand hat, mit dem sie Deutsch sprechen konnte, sie erzählte und erzählte. Zum Beispiel, dass daheim nur Deutsch gesprochen wurde und als sie in die Schule kam, waren 7 deutsche Kinder in der Klasse, die konnten keine Wort portugiesisch. Da musste man sich arrangieren und schauen, wie man die Sprache lernt. Ihr Mann ist Brasilianer, ihr Sohn spricht kein Deutsch mehr.

DSC08628In der Scheune konnte ich mein Zelt aufbauen, wunderbar geschützt vor Wind und Regen. Sie meinten zwar sie würden um 4 Uhr morgens anfangen zu melken, ich wusste, das werde ich nur am Rande mitbekommen und selig weiterschlafen. Sie melken noch von Hand.

Dann ging es richtig zur Sache, was den Verkehr anbetraf. Am Meer entlang war es zwar eben, aber die Bevölkerungsdichte immens, und Container-Hafen liegen eigentlich auch immer am Meer,
DSC08653Alles was man sonst auf Strassen sieht, voran „Hamburg Süd“ und „Maersk“ ist hier noch gestapelt.
DSC08654Nichts zog mich nach Florianapolis, eine mit Brücken verbundene Insel. Durch die Hochhäuser wollte ich nicht durch. Das erste mal seit wahrscheinlich Australien, dass ich sie so geballt gesehen habe.
DSC08666Ein „Radler“ sah ich leider nur auf dem Plakat. Wenn ich eines wollte, musste ich es mir schon selber mixen. Auch nicht schlimm.

Dann traf ich Sander in Ararangua, ein Fahrradfahrer mit den gleichen Interessen. Der konnte mir nicht nur genau sagen, wo man schöne ruhige Strassen findet, sondern auch wo man gut zelten kann.
DSC08688Zum Baden war es leider zu frisch. Es wurde Herbst hier mit richtig schönen Winden, zum Glück meist von Norden. Wenn vom Süden, dann hatte man wirklich Pech, dann kam er nicht nur von vorne, sondern war auch ganz schön kalt.DSC08702Durch den „Grünen Tunnel“ ging es etwas weg vom Meer auf eine Landzunge. Die Bäume der Allee waren oben fast zusammengewachsen.

Kaum hatte ich gedacht, jetzt wird es langsam Zeit, dass ich wieder Radfahrer treffen, mit denen ich ein Stück fahren kann, sassen Erika (Argentinien) und Alanderson (Brasilien) am Strassenrand mit Angelus, einem deutschen Motorradfahrer.

DSC08709Nach einem sehr netten und informativen Abend mit gemeinsamen Zelten, fuhren wir drei Radler gemeinsam weiter und Angelus ein bisschen schneller.
DSC08716Das war dann fast wie Urlaub auf den netten kleinen Strassen, kaum Verkehr
DSC08719und die kleinen alten portugiesischen Dörfer.
DSC08730Mit den zweien war es richtig nett, auch wenn nicht immer die Sonne gescheint hat,
DSC08737Es wir fanden immer nette Plätze zum Zelten, wie hier neben der alten Kirche
DSC08739direkt an einer Lagune.
DSC08754Am 2. April erreichten wir die Grenze zu Uruguay. Wie es danach weiter ging, das nächste Mal.

 

 

 

 

Von Argentinien über Paraguay nach Brasilien: CATARATAS IGUAZU

Eigentlich wollten wir heute, 3. März, an die Iguazu Wasserfällen fahren. Wir, das sind ein paar Mitglieder des ACCI, Associacao Ciclista Cataratas do Iguacu. Leider regnet es in strömen, genug Wasserfall von oben, da scheint niemand Lust zu haben.

Seit 3 Tagen bin ich nun schon wieder in Foz do Iguazu, Brasilien, habe mal wieder den puren Luxus hier im Casa de Ciclista, ein Haus, das ich ganz für mich habe. Hier kann ich auch bei Regen in dem überdachten Hof sitzen und Blog schreiben.

So, was passierte in dem wieder fast ganzen Monat, der seit dem letzten Eintrag verstrichen ist.

Im großen Bogen fuhr ich um Buenos Aires, von der Provinz Buenos Aires nach Entre Rios. Bisher hatte ich ja ganz schönes Glück mit dem Wetter, mal von Hitze und Wind abgesehen. An dem Tag als ich über die zwei großen Brücken musste, hat es in Strömen geregnet, schon früh am Morgen hatte ich ein heftiges Gewitter und keinen Platz zum Unterstellen. Also einfach weiter. Irgendwann macht der Regen dann nichts mehr aus, wenn man so nass ist, dass es nasser nicht geht.

Zwischen den Brücken ist ca 20km Sumpfland. Da wohnt eigentlich niemand. Es war seit langem die erste Strecke, die nicht eingezäunt war. Ab und zu standen am Rand Wägen, aus denen Angelmaterial verkauft wurde

DSC08123 Auf meine Frage, ob die Schlangen zum Angeln oder Essen benutzt werden, bekam ich zuerst mal ein Lachen zur Antwort. Zum Angeln natürlich. Inzwischen kam ich durch so viele Länder, in denen die Wasserschlangen sicher als Delikatesse gelten.

Die Provinz “Entre Rios” (zwischen Flüssen: Parana und Fluss Uruguay) hatte auch gut “En Rios” (in Flüssen) heißen können. Alles war unter Wasser.

DSC08128Die Straße ist zum Glück etwas erhöht, sie war nicht total überschwemmt nur die üblichen Pfützen. Auch scheint diese Straße die einzige weit und breit zu sein, die geteert war. Ich konnte immer noch fahren. Das größere Problem war ein Platz zum Zelten zu finden. Es kamen einige Campingplätze, die sogar offen waren, ich fand nirgends einen Platz, wo ich mein Zelt hätte aufstellen wollen. Schon auf der Zufahrt zu den Campingplätzen bin ich im Matsch stecken geblieben. So musste ich an dem Tag etwas weiter fahren als mir lieb war. An einem Haus neben einer Polizeistation an einer Abzweigung konnte ich unter dem Vordach zelten. Hier merkt man richtig, es wird tropisch! Unglaublich was auf dem Boden wuselt, alles voll kleiner, schwarzer Käfer. Ich wollte nur schlafen und war froh mein Zelt “käferdicht” abschließen zu können.

Auch empfiehlt es sich ab jetzt auf dem Klo zuerst zu spülen, bevor man sich darauf sitzt. Man weiß nie, was sich unter dem Kloschüsselrand befindet.

Das Wetter besserte sich zum Glück wieder und die Gegend bot richtige Abwechslung. Entlang des Rio Uruguay gibt es immer wieder nette Städtchen, die ich fast alle ansteuerte. Der Karneval war im vollem Gange. In fast jeder Stadt findet Samstags eine Parade statt. So etwas schaue ich mir lieber aus der Distanz an und mir war es gar nicht so unrecht, dass ich nie an einem Samstag in einer Stadt war. Man bekommt auch so genug von dem Karneval mit

DSC08129Hier hätte ich mich mit dem Federschmuck bekleidet fotografieren lassen können. Kein Mensch will so ein Foto von mir sehen

DSC08180Am Abend, wenn es kühler wird, setzt sich der Argentinier auf seinem Campingstuhl vor sein Haus, schaut und trinkt Mate.
DSC08133Ich habe mich nie getraut die Szene zu fotografieren, aber hier kann man sich es etwa vorstellen.

In einer Stadt war ich bei dem Deutschlehrer eingeladen. Er hat deutsch gesprochen, besser als ich mit meinem Schwäbisch. Er erzählte mir von den vielen Wolga-Deutschen, die es hier gibt. Nachdem sie von Katharina der Grossen nach Russland gelockt wurden und da Anfang des 20. Jh auch nichts mehr war, sind sie nach Argentinien weiter gezogen. Wie schon weiter südlich gibt es auch hier ganze Siedlungen Deutscher.

DSC08185An ihrem riesigen Verkaufsgelände war ganz schön was los.

DSC08186Bei so vielen mit deutschen Vorfahren, schaut jeder einmal vorbei. Würste, Schinken und sonstige Kleinigkeiten sind der Renner. Nur frage ich mich, warum immer auf der ganzen Welt, sei es in Deutschen-, Schwarzwald – oder sonstigem Kuckucksuhrenladen immer das Kufsteinlied laufen muss. Zum Glück versteht das hier niemand und in Geografie kennen sie sich auch nicht so gut aus.

Die Musik hat mich wirklich vertrieben

DSC08196Ich glaube, sie waren schon lange nicht mehr in Deutschland.

Eine andere Abwechslung bot der Nationalpart El Palmen, eigentlich der einzige auf dieser Strecke. Warum der wohl so heisst?

DSC08135Nicht nur wegen den Palmen ist er sehr beliebt. Er hat auch am Fluss einen schönen Strand und ist nahe genug an Buenos Aires, damit die Leute ihn gut für einen Wochenendausflug nutzen können.Vielleicht ein Fehler am Samstag hierher zu kommen. Es ist so von Wasserschweinen.

DSC08142voll, dass es schon fast unangenehm war.
DSC08145Nachts wuselten Viscatchas, eine Art Chinchillas, herum

DSC08172Aber keine Angst, das Fleisch auf dem Feuer wurde beim Metzger gekauft.

DSC08168Das nehme ich doch an, ich wurde von meinem Zeltnachbarn zum Assado eingeladen.

Hier lohnte es sich mal wieder früh aufzustehen, wenn die Vögel noch umher fliegen.

DSC08177Weiter oben am Uruguay Fluss ist gegenüber nicht mehr Uruguay sondern Brasilien. Ich bin nach Paso de los Libres, hatte aber zu der Zeit noch keine Lust nach Brasilien zu fahren.

Lieber auf der argentinischen Seite mit Mariano noch ein Bier trinken,
DSC08198in Gesellschaft mit Mercedes Sosa (auf dem Bierflaschenkühler)

Die nächste Etappe wurde fast unerträglich. Nicht nur, weil es wieder angefangen hat zu regnen, sondern auch weil die Straße schmäler wurde, der Randstreifen wieder weg war. Ich kam zu der Überzeugung, die argentinischen Lastwagenfahrer dulden einfach keine Radfahrer auf der Straße und das einzige, was sie im Sinn hatten, war mich über den Haufen zu fahren. Aber nicht mit mir.

Für den Abend flüchtete ich mich an einer Tankstelle. Dort traf ich auf den Tramper Frederick aus Buenos Aires, mit dem ich unter dem Dach einer Reparaturspatz zelten konnte.

DSC08208Hauptsache trocken und die Unterhaltung war auch ganz gut.

Endlich mal eine, wenn auch kurze, fahrbare Alternative zur Ruta 14, weiter am am Fluss entlang.
DSC08214Erstaunlicher Weise war es auch fast durchgehend asphaltiert. Es gab 2 Pferdekutschen, ein paar lokale Autos und nur am Schluss ein Lastwagen. Welch eine Wohltat.

DSC08215Bei der roten Erde fallen die Gauchito Gil Tempel gar nicht so auf.

DSC08218Trotzdem ein wunderbarer Ruheplatz. Ein Junge kam auf seinem Moped daher schaute mich nur kurz an, dann fing er an für Gauchito Kerzen anzuzünden und seine Gebete aufzusagen. Dass ich daneben saß, schien in reichlich wenig zu stören. Als er fertig war, stellte er mir interessiert noch ein paar Fragen und ist dann mit seinem Moped weiter gedüst. Vielleicht helfen ihm ja seine Gebete, dass er unfallfrei davon kommt.

Mit der Provinz Misiones fingen die Sträucher an.

DSC08219Ich ahnte schon, hierbei kann es sich nur um Mate handeln, fragte aber lieber nochmals nach. Spätestens bei dem Schild,

DSC08222wäre es mir sowieso klar geworden. Mit Mate scheint man gut Geld machen zu können. Wen wundert es, wenn das ganze Land das Kraut trinkt, von morgens bis abends. Schon allein, dass die Straße geteert war, hat mich sehr gewundert. Die Häuser wurden auch immer feudaler.

Dann landete ich auch noch in dem luxuriösen Campingplatz.
DSC08229

Zwei Schwimmbäder, Teiche, Palmen schön angelegter Rasen. Fast wäre ich wieder umgedreht, eine Nummer zu groß für mich, aber dann wollte ich ihn mir doch genauer anschauen. Gleich wurde ich freundlich und interessiert empfangen. Es waren ein paar Leute dort, aber nicht sehr viele. Als ich nach dem Preis fragte, wurde immer abgewunken, das wäre nicht so wichtig. Gegen später gingen alle Gäste, die Besitzerin ließ mir noch was zum Essen da, schloss mir ein Zimmer auf, wo ich hätte schlafen können, falls ich da draußen in meinem Zelt Angst bekomme. Natürlich habe ich lieber im Zelt geschlafen. Was für ein Unterschied zu letzten Nacht an der Tankstelle!!!! Das gefällt mir sehr, wenn man so reist, man weiß nie wo man endet, vor allem, wenn es so wunderbar endet! Das war vor Apostoles

DSC08231Wenn schon die Provinz Misiones heißt und der Ort Apostoles, kann man sich einiges denken. Hier waren jesuitische Missionare mächtig am Werk. Viele Ruinen derer Klöster zeugen noch davon.

Dann nur noch nach Posadas. Das war dann nicht mehr ganz so idyllisch, überhaupt die letzten 20km. Posadas ist die Hauptstadt der Provinz. Ich verstand nicht, wie die Orte vorher so schön sauber und reich sein konnten und die Hauptstadt so furchtbar. Hier waren nur die Hauptstraßen geteert, alles andere war entweder die rote Erde, und mit dem Regen Matsch, oder eine grausliche Steinstraße,
DSC08242Kopfsteinpflaster ist ja schon schlimm genug. Wenn aber die Steine irgendwie hin geworfen und reingeschlagen werden, ist es wesentlich schlimmer.

Ich war so froh, als ich über die Brücke nach Paraguay flüchten konnte.

DSC08235Nur, konnte ich mit dem Fahrrad nicht über die Brücke fahren, ein Polizist hat mich gestoppt. Oh je, dabei wollte ich doch nur raus aus Argentinien. Er meinte, ich müsse mit einem Collectivo oder Bus über die Brücke. So leicht ließ ich mich aber nicht abfertigen. Nach längerer Diskussion, der Polizist blieb stur und wollte mich nicht fahren lassen, hat er mich auf einen Zollbeamten verwiesen. Der war wesentlich freundlicher. Ihm habe ich auch vorgeschlagen, er kann mir doch auch ein Auto stoppen, das mich nur die paar Kilometer über die Brücke nehmen kann. Das hat er dann auch gleich getan, nachdem er mir den Ausreisestempel gegeben hat. So war ich doch sehr schnell außer Landes.

Auf der anderen Seite merkte ich ziemlich schnell, was mir am letzten Stück in Argentinien auch so missfallen hat, der Gesichtsausdruck der Leute. Wie angenehm es war hier wieder in lächelnde Gesichter blicken zu können. Ihre Art mich zu fragen war auch ganz anders, viel mehr interessiert. Paraguay hat mir somit von Anfang an sehr gefallen.

Sobald ich auch Encarnacion, der Stadt auf der anderen Seite des Parana Flusses, war, war kaum mehr ein Auto auf der Straße. Vor jedem kleinen Laden stand eine kleine Sitzgruppe,

DSC08243prima in Ruhe Pause zu machen.

Die Strecke von Encarnacion nach Ciudad del Este ist wahrscheinlich die Haupttouristenstrecke, Ruta Jesuitica. Hier befinden sich einiger der alten Ruinen der Jesuiten, Trotzdem war kaum jemand unterwegs. Mein Interesse an alten, zerfallenen Gebäuden hält sich in Grenzen, trotzdem, um ein bisschen Abwechslung zu haben, fuhr ich zur Ruine Jesus de Travague.

DSC08245Schon allein wegen dem Weg hat es sich richtig gelohnt. Ich habe es richtig genossen, durch die wilde, urwaldmässige Natur zu fahren. Das Beste war aber der Camping, den ich auf dem Weg fand. Ein kleiner, einfacher, Camping Municipales, an einem kleinen Fluss, mitten im Wald. Als ich angekommen bin, haben ein paar Männer Ball gespielt, so ähnlich wie Volleyball, aber nur mit 2 Personen pro Team und der Ball durfte nur mit Kopf, Brust, Bein oder Fuß berührt werden. Eine Frau hat einen schönen, überdachten Platz geputzt. Zuerst war ich mir nicht sicher, ob es wirklich ein Campingplatz ist, aber die Frau, bejahte es und meinte ich solle doch gleich hier unter dem Dach Zelten, wenn sie fertig ist mit putzen. In Anbetracht der Wolken am Himmel, war das natürlich fantastisch.
DSC08252Es dauerte auch nicht lange und es hat in Strömen angefangen zu regnen und ich saß so wohlbehuetet unter dem Dach. Alle anderen waren bald verschwunden und ich saß alleine im Dschungel. Habe ich die Ruhe genossen. Das war wirklich ein fantastischer Start in Paraguay.

Leider bliebe ich nur 4 Tage in dem Land. Es sind nur ein paar hundert Kilometer bis Ciudad del Este und der Grenze zu Brasilien. Diese Tage habe ich aber richtig ausgekostet.

Hier wird neben dem heißen Mate auch Tetere getrunken, die kalte Version

DSC08253Deswegen gibt es neben dem Tank, wo man gratis heißes Wasser rauslassen kann auch ein Hahn mit eiskaltem Wasser. Für Radfahrer natürlich ein Traum. Der Tetere wird neben dem Kraut auch mit Saft getrunken, das ist dass wirklich erfrischen..

Auch hier gibt es viele Deutsche, wie die Ortsnamen wie Hohenau schon sagen. An einer Bäckerei hielt ich an, wollte mir eine Kleinigkeit kaufen. Als ich in der Vitrine einen Altdeutschen Apfelkuchen und Linzertorte sah, fragte ich die Verkäuferin, ob sie auch deutschstaemmig sei. Ja, meinte sie, sie spreche aber kein Deutsch, ihre Mutter könne es noch gut. Jetzt war ich interessiert und fragte, ob ich vielleicht mit ihrer Mutter sprechen könne. In Argeninien habe ich immer nur gehört, dass es viele gibt, die Deutsch sprechen, aber niemanden getroffen. Hier stand ich dann gleich einer älteren Frau gegenüber, die mir ihre ganze Lebensgeschichte erzählt hat. Ihre Mutter kam über Brasilien, Argentinien nach Paraguay, schon vor dem ersten Weltkrieg. Da ihr Vater an einem Schlangenbiss gestorben ist, als sie drei Monate war, wuchs sie bei Onkel und Tante auf, wo nur Deutsch gesprochen wurde und sie vieles Deutsche, wie die deutschen Rezepte gelernt hat. Als sie in die Schule kam, hat sie kein Wort Spanisch gesprochen. Heute sei alles anders. Es gibt viele Mischehen und man spricht zu Hause nur Spanisch, darum können die Kinder auch kein Deutsch mehr. Sie selber hat keine Beziehung zu Deutschland.

Da sie sehr beschäftigt war, frühmorgens geht sie aufs Feld, danach bäckt sie für die Bäckerei, verabschiedete ich mich bald. Ich war richtig froh, jemanden zu treffen, zu hören, wie sie Deutsch sprechen, was für eine Vergangenheit sie haben. Es wäre sehr interessant mehr über Deutsche in Südamerika zu erforschen.

Vor der nächsten, groesseren Stadt, Maria Auxiliadora, sah ich noch vor dem Ortsschild, auch hier gibt es einige Deutsche.

DSC08254

Es war wieder Zeit, einen Platz zum Zelten zu suchen, so steuerte ich eine Tankstelle an. Gleich kam mir eine Kundin, blond, mit zwei blonden Kindern zur Hilfe, sie sprach gleich deutsch mit mir. Sie hat mich mehr ausgefragt, als dass ich sie fragen konnte. Schlussendlich konnte ich nicht an der Tankstelle zelten, und sie machte sich sichtlich Sorgen, was ich denn jetzt mache. Sie wohnte 5 Kilometer weiter weg, was ja auch nicht die Welt gewesen wäre, wenn sie auf die Idee gekommen wäre mich einzuladen. Was ich denn jetzt mache etc.. Ich hatte ja genug Erfahrung und wusste, auch heute werde ich etwas zum Zelten finden. Nur musste ich dann wirklich langsam los, es wurde spät. Ein paar hundert Meter weiter sah ich ein Schild “Bomberos”, Feuerwehr. Das ist doch auch immer eine gute Adresse zum Übernachten. Überhaupt als ich die schöne Wiese hinter dem Haus gesehen habe, hielt mich nichts mehr davon ab, zu fragen. Inzwischen wunderte es mich nicht mehr, auch hier sprach man Deutsch. Wenigstens der Commandante. Der schien sich mehr zu freuen, jemanden zum Deutschsprechen gefunden zu haben, als ich über den schönen Platz zum Zelten. Man merkte, er hatte nicht mehr viel Übung darin. Sein Sohn, auch ein begeisterter Radfahrer, der bald auch da war, sprach überhaupt kein Deutsch.

So hatte ich richtig Glück, dass Felix heute Dienst hatte. In Paraguay gibt es nur eine Freiwillige Feuerwehr, keine Berufsfeuerwehr. Einmal in der Woche hat er Dienst, übernachtet hier, ansonsten geht er seinem Beruf nach.

DSC08255Am nächsten Morgen kam er in Zivil vorbei, um sich zu verabschieden. Eigentlich nur zum Spaß fragte ich, ob es in der nächsten Stadt auch eine Freiwillige Feuerwehr gebe, wo ich zelten könne. Ja, klar. Vor mir waren kolumbianische Radfahrer hier, die zuerst hier und dann in Santa Rita übernachteten.

In Maria Auxiliadora hielt mich sonst nicht viel,
DSC08256Danach kam nicht mehr viel, nur ständiges auf und ab,

DSC08258hier fährt man wieder locker mehr als 1000 Höhenmeter, ohne wirklich einen Berg zu erklimmen. An den Wegkreuzungen kamen ein paar Holzhütten,
DSC08262

wo man günstig was zum Essen kaufen konnte, wie die Chipas, die paraguayanischen Käsebällchen.

Santa Rita ist eine größere Stadt, in der Argo-Technology und neue Forschungen eine große Rolle spielen. Schon zig Kilometer vorher fangen Versuchsfelder an, hauptsächlich mit Soja. Nach all den Werbeplakate sind hier die deutsche und schweizer Chemie sehr stark vertreten.

Überrumpelt von dem starken Verkehr, fuhr ich zuerst etwas ziellos umher, bis mich ein Mann angesprochen hat. In welcher Sprache? Klar, auf Deutsch! Er wohnt seit über 20 Jahren in der Gegend und konnte mir genau sagen, wo Deutsch gesprochen wird und was in deutscher Hand ist. Schließlich fragte ich ihn, ob er auch wisse, wo die Feuerwehr sei. Etwas unverständlich schaute er mich an, natürlich. Es wäre aber etwas kompliziert, ich solle ihm hinterher fahren.
DSC08265Was für ein Unterschied zu der Freiwilligen Feuerwehr in Maria Auxiliadora! In der Halle stand ein uraltes Feuerwehrauto, deutsches Fabrikat. Draußen, hinter der Halle saßen ein paar Jugendliche zusammen. Ich fragte, ob sie zu der Feuerwehr gehörten, ja, meinten sie. Eine Uniform scheint keiner tragen zu wollen, dafür sei es auch viel zu warm. Auch hier gab es eine Wiese, die war aber lange nicht so gepflegt wie gestern. Es musste auch keine Absprache getroffen werden, ob ich jetzt hier zelten kann, es war gleich ein Ja!
DSC08266Wahrscheinlich um sonstiges Wohngeld zu sparen, haben sie in der Halle ein keines Haus gebaut, in dem sie wie in einer WG zusammen leben. Es gab zwei Frauen einige Männer und ein Kleinkind. Ansonsten sprangen sie genau so ins Auto wenn ein Notruf kam.

Ich saß ein Weilchen bei ihnen, verstand aber kein Wort, was sie sagten. Schon bei einer Pause vor einem Laden hatte ich eine Frau gefragt, was für eine Sprache sie sprechen, sie meinte Spanisch. Hörte sich wirklich sehr spanisch für mich an, mit einem sehr starken Akzent, wie hier. Eine junge Frau hat mich ein Weilchen ausgefragt und klar und deutlich gesprochen, das habe ich dann gut verstanden.

Am Tag darauf war ich schon sehr früh in der Grenzstadt Ciudad del Este. Obwohl hier der Verkehr viel stärker war, hatte ich wenig Lust, dieses freundliche und ansonst ruhige Land zu verlassen. Es war eines der angenehmen Überraschungen in Südamerika und es würde sich lohnen, hier länger Rad zu fahren.
DSC08270Da hier keine Steuern auf die Produkte kommen, wie mir erklärt wurde, ist es wesentlich billiger als in den Nachbarländer. Es ist hier auch ein Dreiländereck, Argentinien, Brasilien und Paraguay. Und was es hier alles zu kaufen gab!
DSC08273Dann wieder über den Parana-Fluss, diesmal nach Brasilien. Hier durfte ich mit dem Fahrrad fahren. Es waren auch unglaublich viele Fußgänger, voll bepackt von West nach Ost unterwegs und sehr viele Mopeds.

In Brasilien war ich dann in Foz do Iguazu, der Stadt an den Wasserfällen. Zum Glück sprechen manche hier an der Grenze noch ein wenig Spanisch, das Portugiesisch verstehe ich überhaupt nicht. So merkte ich wenigstens, dass ich doch einiges Spanisch gelernt hatte.

Das Beste an der Stadt, neben den Wasserfällen, die weit außerhalb sind, ist das Casa de Ciclista,

DSC08383

des ACCI, accociacao ciclista cataratas do iguacu, ein nettes, kleines, voll ausgestattetes Häuschen, dass fast die ganze Zeit für mich alleine hatte. Hier bin ich nun seit einer Woche! Luciano, ein Mitglied wohnt ganz in der Nähe, der Präsident des Clubs, Fabio, scheint der einzige zu sein der ein bisschen Englisch kann, mit ihm hatte ich vorher Kontakt, er kam um mich zu begrüssen.

Am Sonntag kam Ricardo, der etwas Spanisch sprach und ging mit mir zu dem Itaipu Staudamm. Davon hatte ich noch nie gehört, ist aber das Vorzeigeprojekt hier auf das (fast) alle ganz stolz sind.

DSC08284Sie sind der Meinung, es ist der größte Staudamm der Welt, ich glaube allerdings, der 3 Schluchten Staudamm in China ist größer.

Unglaublich wie viele Touristen, hauptsächlich Brasilianer, hier für Touren anstanden. Zuerst bekommt man einen Film zu sehen, in dem die Erfolgsstory erzählt wird. Alles nur prima. Und ich fragte mich, wie viele Menschen mussten umgesiedelt werden, wie viel Wald wurde überschwemmt etc. Es ist doch ein gewaltiger Eingriff in die Natur. Darüber kam natürlich nichts. Später las ich im Internet, dass auch ein Wasserfall fast so prächtig, wie Iguazu überschwemmt wurde.

Dann wurde man unter Hochsicherheitmassnahmen im Bus auf Gelände herum und um den Staudamm gefahren.

DSC08291Das ganze ist ein Binationales Projekt zwischen Brasilien und Paraguay.

DSC08314ein Potential für Konflikte, über die nicht berichtet wurde. So ein kleines, armes Land auf der einen und dieses Mächtige auf der anderen Seite. Man kann sich auf fragen, warum die Paraguayaner nicht darauf ebenso stolz sind und es nicht auch auf der anderen Seite solche, durchaus gewinnbringende Touren gibt.

Noch kurz einen Ausflug in das Brasilianische Eck des Dreiländereck, wo der Iguazu Fluss in den Parana Fluss fließt.
DSC08317so…weiter am  3. März, Karneval in Brasilien, aber nicht in dieser Ecke. Der eingangs erwähnte Regen hatte aufgehört und später am Nachmittag kam Ricardo mit Fahrrad um noch zu den Wasserfällen zu fahren. Da es ca 30km dorthin sind, meinte ich, es wäre wohl etwas spät. Von Luciano bekamen wir sein Auto, luden die Fahrräder ein und sind damit bis zum Parkanfang gefahren.

DSC08326Im Park ging es noch 11km bis zu den Fällen. War das herrlich durch den Nationalpark zu fahren, wo nur ab und zu ein offizieller Bus vorbei kam. Mit privaten PKWs kam man hier nicht rein. Ab und zu huschte so ein Tier
DSC08328ein Nasenbär (coati), über den Weg. Auch verschiedene Echsen waren zu sehen.

DSC08344Dann die Iguazu Fälle, einer der letzten Höhepunkte dieser Reise! Schon der erste Anblick hat mich total begeistert.

DSC08329Je näher man kam, desto grandioser wurde das Naturschauspiel.

DSC08350Kein Wunder, dass es sich so viele Leute anschauen wollten.
DSC08348Kaum ein Foto konnte man ohne irgend welchen Personen machen.
DSC08362Das war wirklich was vom Fantastischsten, das ich bisher gesehen habe.

Auf dem Weg aus dem Park sahen wir noch einen Turkan.

Kurz vor Torschluss erreichten wir wieder den Eingang und ich war froh, nur noch das Fahrrad in das Auto laden zu müssen. Ich war ganz schön fertig von den vielen Eindrücken.

Da man den Wasserfall von beiden Seiten aus sehen sollte, bin ich doch wieder kurz nach Argentinien zurueck.DSC08384

Hier konnte ich nicht mit dem Fahrrad in den Park hinein fahren, konnte es aber wohl bewacht am Eingang stehen lassen.

Das Gebiet ist viel größer als in Brasilien und wie ich später erfahren habe, wird ein zweitägiger Besuch empfohlen. (Außer in dem Sheraton Hotel kann man nicht in dem Park übernachten, man muss wieder kommen und ein zweites mal den hohen Eintrittspreis zahlen)

Ich hatte nur einen Tag eingeplant und war somit über fünf Stunden fast nur am Laufen. Zum Glück konnte man lange Strecke mit einer Bimmelbahn zurueck legen,
DSC08462Hier konnte ich mich dann auch ausruhen.

Ansonsten ging es über Gitterpfaden,

DSC08425

kilometerweit über Flüsse und an Wasserfällen vorbei.

Wie auf der anderen Seite gab es auch hier in Massen die kleinen Nasenbären
DSC08386Auf den Stegen hatte man einen guten Blick in die Flüsse, sah Wasserschildkröten und sogar ein Kaiman

DSC08415Der Anblick der Fälle von dieser Seite war fast noch besser.
DSC08395Wagemutige und reiche konnten mit einem Boot direkt unter die Wasserfälle fahren.

DSC08444Da das Wetter so prima war, bekam ich dieses Mal auch Regenbogen zu sehen.

DSC08447auch doppelt

DSC08453über und unter mir,

DSC08457Gigantisch!

Leider ist der einfach Campingplatz, den es früher im Park, sehr Nahe an den Fällen gab, geschlossen. Vor der Stadt fand ich einen fantastischen Campingplatz mitten im Wald. Oskar, der Besitzer, hat viele Jahre im Park gearbeitet und konnte mir ein paar Insiderinformationen geben. Auch dort ist es nicht mehr so wie früher, deswegen hat er hier sich sein eigenes Paradies gebildet.

Bevor ich am nächsten Tag zurueck nach Brasilien bin, habe ich mir das Dreieck von Argentinischer Seite aus angeschaut.

DSC08493
Die Stadt heißt Puerto Iguazu, ist viel kleiner als Foz auf brasilianischer Seite und viel touristischer. Im Park gab es wesentlich mehr ausländische Gruppen, es wurde viel englisch gesprochen, bekam auch englische Prospekte und habe mich mit einer Reisegruppe aus Israel unterhalten.

Gestern kamen drei brasilianische Radfahrer ins Casa de Ciclista. Trotz Sprachschwierigkeiten war es doch sehr unterhaltsam und witzig. Sie kommen aus Curitiba und sind genau die Strecke gefahren die ich in anderer Richtung fahren möchte. Sie fahren heute mit dem Bus wieder zurueck und ich freue mich richtig, morgen, Sonntag den 9.3., wieder weiter zu fahren. Diese Woche hier hat richtig gut getan, jetzt kribbelt es mir aber wieder mächtig in den Beinen.

Raus aus Patagonien und rein in die Pampa

Heute, 8. Februar 2014 ist mein zweijähriges Jubiläum. Falls es jemanden interessiert, ich bin bisher 41800km gefahren. Grund genug mal wieder eine Pause einzulegen und was zu  schreiben.

Es macht einfach keinen Sinn in Commodoro de Rivadavia zu warten, bis der Wind aufhört, oder wenigstens aus der richtigen Richtung kommt. Nach zwei Tagen wollte ich einfach wieder weiter und fand mich bald wieder an der Ruta 3.
DSC07996Viel trinken, es wurde wieder ganz schön heiß. Am Anfang konnte ich wenigstens noch fahren, nach ca 16km hielt mich der Wind davon ab. Ich hatte ganz schön genug, wollte eigentlich nicht noch mehr Zeit hier verbringen und habe getrampt. Das ging erstaunlich gut und war dann auch viel interessanter als in der Einöde gegen den Wind anzukämpfen. Es war ein älterer Fahrer, der halb im Ruhestand ist und nur noch die Strecke Commodoro – Trelew für Arzneimittel fährt. Er kannte praktisch alle Straßen in Argentinien und dieses Gebiet besonders gut.

In Trelew war ich zuerst mal sehr froh, dem Wind entronnen zu  sein und wieder richtig Radfahren zu können.  Diese Stadt wurde von Walisern am Rio Chubut gegründet, hatte so wenigstens ein bisschen Wasser. Heute leben die Leute hauptsächlich von der Schafzucht und von einer Aluminiumfabrik. Viele Erinnerungen an Neuseeland kommen auf, wenn ein Schaftransporter mich überholte.

Von Trelew sind es nur noch ca 60km bis Puerto Madryn, dem Ausgangspunkt für die Peninsula Valdes. Dort kann man einige Seelöwen, Seeelefanten, Pinguine und Wale, wenn man Glück hat, sehen. Ich war vor einigen Jahren schon mal dort, die Zeit der Wale ist jetzt vorbei, es gab nichts, was mich dazu veranlasst hätte, diese 100te von km extra zu fahren.

Trotzdem wollte ich nach Puerto Madryn  . Als ich die Stadt so unter mir liegen sah, war ich mir dessen nicht mehr so sicher.
DSC07999Tief unterhalb am Meer lag sie, das muss ich alles wieder zurück.  Zur Abwechslung war es wieder erstaunlich kühl, um nicht zu sagen, ganz schön kalt. Da ich wieder eine Einladung hatte, fuhr ich hinunter und war sehr erstaunt. Endlich mal wieder eine nette Stadt, am Meer, mit sehr schönem Strand, sauber, schönem Plaza und vielen Bäumen.
DSC08003Weit zog sich der Strand dahin, leider bin ich nicht geschwommen. Am morgen waren nur Leute mit Neopren im Wasser. Lucas, mein Gastgeber, ein ambitionierter FreeDiver, meinte das Wasser hätte nur 7-10 Grad. Als ich am Nachmittag dann doch einige Leute im Wasser sah, prüfte ich es nach. Es war viel wärmer. Vielleicht meinte er in 10m Tiefe, weit außerhalb.
DSC08007So begnügte ich mich am Spätnachmittag mit dem Fahrrad am Strand entlang zu fahren. Von weitem konnte ich auch die Peninsula Valdes erkennen.
DSC08010Ein Tag reichte hier, dann ging es weiter. Zum Glück nicht die gleiche Strecke hoch, die ich herunter gefahren bin.
DSC08017Nochmals einen letzten Blick auf Puerto Madryn, von der anderen, nicht touristischen, Seite. Hier ist die Küstenstraße Ruta1 20km geteert. Erst danach wollte ich wieder auf die Ruta 3. Hier sind die Schotterpisten nicht sehr einladend. Zu viel Staub, den ich an ständig in den Augen habe, da hilft keine Brille. Außerdem war es dort auch nicht abwechslungsreicher, dass ich mehr Zeit als nötig dort verbringen wollte. Lieber schnell auf der Ruta 3 dahin fahren.

Weit kam ich heute nicht. Es war glaub der heißeste Tag, weit über 40Grad zeigte mein Fahrradcomputer, heißer Gegenwind und nirgends Schatten. Obwohl ich mich ständig eingecremt habe, bildeten sich auf meinem Unterarm kleine Bläschen, das Wasser wurde langsam auch knapp. Ich wusste, nach 100km kommt eine Polizeikontrolle, wo ich welches haben kann. Der Verkehr hielt sich in Grenzen und kaum jemand hielt an, anhalten und nach Wasser fragen wollte ich auch nicht. Ich wollte auch nicht per Autostop weiter, möchte nicht den Eindruck erwecken, dass ich nur noch mit Rückenwind fahre, es reicht, wenn ich den Eindruck von mir habe.

Da sah ich ein Lastwagen am Straßenrand stehen. Hier sieht man alles schon viele Kilometer vorher. So schnell es ging, fuhr ich weiter, damit er nicht wieder fort ist bis ich dort bin. Wäre eigentlich nicht nötig gewesen. Der Fahrer war sehr beschäftigt seinen Reifen zu wechseln, so beschäftigt, dass ich nicht mal unterbrechen wollte um nach Wasser zu fragen. So ein Lastwagen produziert ganz schön viel Schatten, das war Erleichterung genug. Dann half ich ihm noch ein bisschen, soweit ich konnte und als er fertig war und ich endlich nach Wasser fragen konnte, meinte er, ich solle mein Fahrrad aufladen, er könne mich ein kleines Stück mitnehmen. Da sagte ich natürlich auch nicht nein, und erreichte dann doch noch den nächsten Ort, wo er sein Reifen reparieren lassen wollte und ich ein nettes Plätzchen hinter einer Tankstelle, das erste mal mit anderen Zelten, fand. Und hier gab es auch bei weitem genug Wasser.

Mein nächstes Ziel wäre eigentlich Las Grutas gewesen, ein Badeort, von dem jeder schwärmte und Plakate haben dafür geworben.

DSC08028

Nachdem der Wind heute mal wieder nett zu mir war, erreichte ich den Ort sehr früh, ohne Probleme. Es war an einem schönen, sonnigen Sonntag in den Ferien.
DSC08021So sah es ja noch ganz nett aus mit den weißen Mauern, die die Straße vom Strand trennten. Nachdem ich allerdings über die Mauer schaute…
DSC08023traf mich der Schlag. So etwas habe ich noch nie gesehen. Wie viele Leute passen auf einen Quadratmeter Sandstrand? Unglaublich. Nichts wie weg hier! Die Fußgängerzone war auch wie in den Mittelmeerländer angelegt, viele Eiscafés und Bars und voll von Leuten. Ich wollte mir gar nicht erst vorstellen, wie es hier auf den Campingplätzen zugeht.

Glücklich war ich zurueck auf der Einöde der Ruta 3, jetzt, wo ich weiß, dass es schlimmeres gibt.

DSC08029Schon 2000km habe ich hier hinter mir (ca 400km per Auto),
DSC08032und es hat sich wirklich nicht viel verändert. Außer den ersten (eigentlich den letzten, da ich am Ende gestartet bin) 200km war alles gleich. Wenigstens gibt eine Besserung war schon in Sicht, es gab nun höhere Büsche, hinter denen man gut zelten konnte.
DSC08034Auf einmal waren auch alle LKWs verschwunden, keine Ahnung wo die die alle gefahren sind. Die Ruta 3 war nur noch ein schmales Strässchen ohne Seitenstreifen. Schön ruhig, aber auch schnurgerade, so ziemlich das am wenigsten inspirierenste Stück, das ich je gefahren bin. Das Abwechslungsreichste war der Wind. Keine Ahnung aus welcher Richtung er eigentlich kam. Wenn es zu sehr von vorne war, einfach Ellbogen auf den Lenker, Kopf runter und durch. Natürlich gab es auch auf den ca 170km eigentlich keinen Ort, wo ich hätte Wasser bekommen können. Wenn da nicht die hilfreichen Straßenarbeiter gewesen wären, die meine Flaschen mit kaltem Wasser aufgefüllt haben.

Um 5:30 bin ich aufgestanden, damit ich noch vor der großen Hitze in Viedma, der nächst größere Ort bin, noch ca 65km. Nicht nur an der Hitze merkte ich, dass ich mittlerweile einige Kilometer nördlich von Ushuaia bin, auch die Tage sind wesentlich kürzer. So früh am Morgen war es noch sehr dunkel. Um 7 Uhr war ich auf der Straße, es war noch sehr kühl und windstill. Nicht mehr lange und der Wind kam wieder aus allen Richtungen. Trotzdem war alles nicht ganz so schlimm. Nach 20km kamen Bewässerungskanäle und die Landwirtschaft fing an. Auch Bäume gab es immer mehr. Diese zählen auch zu den Dingen, wo man erst weiß, was man an ihnen hat, wenn man sie nicht mehr hat. Endlich hatte ich wieder Schatten, vor der Sonne  und vor dem Wind. Unglaublich, wie viel das ausmacht.

Von Viedma geht es nur noch über den Fluss Rio Negro nach Carmen de Patagones.
DSC08036Dank dieses Flusses ist hier Landwirtschaft möglich. Er ist die Grenze zwischen den Provinzen Rio Negro und Buenos Aires. Ab hier ist offiziell Schluss mit Patagonien.

Ganz begeistert war ich von dem relativ alten Städtchen.
DSC08041überall blühende Bäume, wie hier der Nationalbaum Argentiniens, der Ceibo.
DSC08044Durch eine List haben die Einwohner die Portugiesen in die Flucht geschlagen und vorher ihre Flaggen beschlagnahmt. Diese kann man jetzt in der Kathedrale bewundern.
DSC08047Ein sonderbarer Ort für eine Kriegsbeute, meiner Meinung nach. Anscheinend wollten die Brasilianer die Flaggen zurück haben und haben versprochen dafür alle Straßen des Ortes zu teeren. Die Bevölkerung hat dankend abgelehnt.

In der Kathedrale  befindet sich auch das Mausoleum des Comandante Luis Piedra Buena, den der geneigte Leser meines Blogs auch schon früher kennengelernt hat.

Es war so heiß, dass ich beschlossen habe, mir einen Tag Ruhe zu gönnen. Mit meiner sehr netten Gastgeberin waren wir zuerst typisch argentinisch mit einem Mate am Fluss.
DSC08052Die Argentinier gehen nirgends ohne ihr Aufputschgetränk hin. Dafür hat man immer eine Art Tasse, gourd, eine Art Strohhalm, bombilla, eine Thermokanne mit heißem Wasser, das man überall nachfüllen kann, und natürlich die Kräuter dabei. Man trinkt es gemeinsam reihum aus dem gleichen gourd, mit dem gleichen bombilla. An den Geschmack habe ich mich inzwischen gewöhnt und weiß die Aufputschwirkung zu schätzen.

Es war so heiß, dass ich mich fragte, wie ich bei dem Wetter Fahrrad fahren kann. Allerdings merkt man das erst so richtig im Gegensatz zur Kühle innen, wenn man den ganzen Tag auf dem Fahrrad sitzt, fällt es einem nicht so auf und wenn man Glück hat, kühlt auch der Fahrtwind ein bisschen.

Später sind wir an Strand. Für Celestines Freunde war es in der Stadt auch zu heiß und man traf sich am Meer.
DSC08054So ließ es sich auch aushalten.
DSC08055Es war ein ganz interessanter Strand, kein Sand, sondern eine Mischung aus kleinen Kieselsteinen und Muscheln, was bei Wind wesentlich angenehmer ist. Drum herum waren Klippen, wie Tafelberge. Wenn man nicht ins Meer wollte, konnte man sich in einem der Pools aalen.
DSC08057Das beste daran war, es war ca 40km von der Stadt weg und deswegen bei weitem nicht so voll wie in Las Grutas.

Nördlich von Carmen de Patagones war es wieder vorbei mit Grün. Allerdings nur für eine relativ kurze Zeit. ca 150km.
DSC08065Die Hitze erreichte mal wieder Rekordwerte. Bei dem heißen Wind und der Dürre überlegte ich mir, was passiert, wenn hier ein Feuer ausbricht. Vielleicht hält man deswegen das Gras am Rande der Straße so kurz, es wird zwar alles gleich brennen, aber nicht hoch genug werden, um über die Straße zu springen.

Trotzdem hatte eine Deutscher namens Stroeder den Ehrgeiz, diese Gegend zu besiedeln.
DSC08067Fast alle Orte auf dieser Strecke feierten letztes Jahr das 100jaehrige bestehen. Mal sehen, ob sie nochmals hundert Jahre durchhalten. In den letzten Jahren wurden sie sehr von der Dürre heimgesucht. Einige Bauern zogen nach Carmen de Patagones um andere Arbeit zu finden. Als ich den Ort besucht habe, war natürlich wieder Siesta und alles ausgestorben. Es sah ganz anders aus als in dem Deutschen Ort Puyuhuapi  in Chile. Das einzige, was mich an Deutschland erinnerte waren die herunter gelassenen Rollladen und Geranien. Mir wurde zwar gesagt, dass einige Deutsch reden, habe aber niemand gefunden. Sowieso habe ich eigentlich nur das nette Paar gesehen, das mich auch mit genug Wasser versorgt hat.
DSC08068Was es allerdings auch noch gab waren Eulen. Obwohl ich diese Vögel noch nie in Natura gesehen hatte, habe ich sie sofort erkannt, so spezifisch sind sie.

Nur ca 50 km nördlich von Stroeder hört die Dürre auf. Der Rio Colorado ist nicht mehr weit und ab Villalonga gibt es wieder Bewässerung.
DSC08070Hier war es das erste Mal langem, dass ich auf Gras zelten konnte. Der Kanal ging gleich nebenan vorbei, sehr praktisch zum Waschen.

Auch der Verkehr nahm ab da wieder schlagartig zu. Vor allem um all die Zwiebeln abzutransportieren, die hier zur Zeit geerntet werden.
DSC08072Je weiter nördlich ich kam, desto mehr haben mir die Städte gefallen. Nach Carmen de Patagones kam zuerst Bahia Blanca
DSC08079 mit erstaunlich vielen älteren Gebäuden, wie hier die Bank von Argentinien. Dann Tres Arroyos, das so heißt, weil 3 Bäche daran vorbei fließen, davon habe ich erstaunlicher Weise kein Foto gemacht.

Dazwischen drin immer wieder länger Strecken mit nichts. Wenn ein Tag gut war, der Wind mir wohl gesonnen, war es gut so weit wie möglich zu fahren, denn am nächsten Tag war es meistens anders. So bin ich meistens an einem Tag zwischen 125 und 150 km gefahren, war dann ganz froh, dass ich an dem Tag darauf nur noch 60-70km bis zum nächsten Ort fahren musste, wo ich meistens auch eine Einladung hatte.

Auch wenn der Verkehr nicht sehr stark war, manchmal reichen ein oder zwei Lastwagen aus, um heftiges Herzklopfen zu erzeugen und ich fragte mich, ob unsere Senora de Lujan immer uns beschützen kann.
DSC08084Es waren meistens „leere“ Tage. Ich bezeichne sie so, weil außer Radfahren nicht viel passiert ist. Es war auch nicht so inspirierend, dass mich ein paar sinnvolle Gedanken davon abhielten, wie viele Kilometer ich noch fahren musste
DSC08088Bei km 333, hatte ich eigentlich so ziemlich genug. Wen wundert es? Und ich beschloss ab Azul eine andere Strecke zu fahren.

Azul war dann wieder ein nettes Städtchen, zuerst fuhr ich an einem Freibad vorbei, dann an dem herrlichen Strand am Fluss.
DSC08091Was kann es schöneres geben?

Wie jeder Ort in der Provinz Buenos Aires gibt es eine Kathedrale,
DSC08095 daneben ein Plaza, der meisten San Martin heißt, hier schmückt sogar das Standbild des Freiheitskämpfers den Platz
DSC08099und daneben das Rathaus.

In Azul bekam ich eine Einladung aus Las Flores, nochmals 114km weiter auf der Ruta 3. Ich musste es mir lange überlegen, ob ich mir das antun soll. Nachdem ich gehört habe, dass die andere Straße sehr schlecht sein soll, ohne Seitenstreifen, mit vielen Schlaglöchern und die Ruta 3 ab da einen guten Randstreifen haben soll, beschloss ich doch, noch ein paar Kilometer auf dieser Straße zu bleiben.
DSC08103Kaum zu glauben, wie viel so ein Randstreifen ausmacht. Dieser Meter mehr weg  von den Autos macht es einfach aus.

Auch wegen den Radfahrern, Marcos und Carolina, die mich in Las Flores eingeladen haben, hat es sich sehr gelohnt hierher zu kommen. Es gibt nicht viele argentinische Radreisende, die zwei sind die einzigen, die jetzt zwei mal ein Jahr unterwegs waren. Jetzt haben sie den besten Radladen, den ich bisher in Argentinien gesehen habe. Ein netter Ort mein zweijährig Jubiläum zu feiern.

Der Südosten Patagoniens (Ruta 3)

Auf der Fahrt nach Süden war die Strecke vor Tolhuin gar kein Vergnügen. Der Wind kam hauptsächlich aus Richtung Südost. Trotz der Mühen hatte ich mich sehr gefreut, das bedeutete, dass die Chance besteht auf dem Rückweg nicht nur Gegenwind zu haben. Wieder einmal sollte alles anders kommen.

Kurz nach Tolhuin fand ich im Straßengraben ein junges Paar mit Fahrrad aus England, die dort gezeltet haben. Sie sind erst zwei Tage vorher in Ushuaia gestartet und hatten von der Panaderia gehört, wollten dort aber nicht übernachten, keine Ahnung warum nicht. Ich ließ sie fertig packen, fuhr weiter, in der Annahme, dass sie mich sowieso schnell einholen.

Später am Vormittag unterhielt ich mich noch mit zwei Jungs auf dem Fahrrad aus Vahingen/Enz,  Richtung Ushuaia unterwegs. Da es sehr spaßig war, war es auch etwas länger, die zwei Engländer haben mich bald eingeholt, machten aber bald Pause, dass ich wieder nach einer kurzen Unterhaltung an ihnen vorbei gefahren bin. Das war dann das letzte Mal, dass ich sie an dem Tag gesehen hatte. Nachdem ich meine Mittagspause hatte, fing der Gegenwind an, vielleicht sollte ich lieber von Sturm sprechen. Die letzten 10 km habe ich meistens geschoben. Nachdem kein Auto angehalten hat, fragte ich auf einer Estanzia, ob ich zelten könne. Ich wurde zu einem alten Haus geleitet, das bis auf zwei Betten, ein paar Stühle, einen Tisch und das allerbeste: einen Holzofen, leer war. Ich konnte ich schlafen und wenn ich was brauche, solle ich in die Küche im Nachbarhaus. An den Aufklebern an den Fenstern sah ich, dass vor mir schon andere Fahrradfahrer hier gestrandet sind. Wieder einmal rechtes Glück gehabt. Den Ofen habe ich gleich angeheizt und mir mein Abendessen gekocht. Ich fragte mich, wo die jungen Engländer geblieben sind.

Nachdem ich wunderbar im Bett geschlafen habe, machte ich mich wieder bald auf. Keine 5 Minuten war ich unterwegs, da waren sie wieder, die Engländer. Sie sahen nicht sehr glücklich aus, haben wieder irgendwo im Straßengraben geschlafen. Ich traute mich schon gar nicht zu sagen, welches Glück ich wieder hatte. Wir fuhren mehr oder weniger zusammen nach Rio Grande, der nächst größeren Stadt. Der Wind war mal wieder in Topform. Für die beiden war vorerst wieder Ende, sie wollten hier zuerst mal bleiben und ihr Tour überdenken. Eigentlich wollte ich an der großen Stadt vorbei fahren, habe mich dann doch eines Besseren besonnen, nachdem ich den Engländern 2 l Wasser und was zum Essen gegeben habe, da sie außer Hunger nichts mehr hatten. Wer weiß, wie lange ich bis zu dem nächsten Laden brauche, lieber hier nochmals einkaufen. Bleiben wollte ich aber nicht.

Vor Rio Grande machte die Straße eine Schlaufe um den Rio Grande, d.h. die letzten 14km waren einfach ein Traum. Auch in der Stadt war der Wind wegen den Gebäuden nicht sehr zu spüren. Voller Zuversicht fuhr ich weiter, bis mich am Ende der Stadt, nachdem die Gebäude aufgehört hatten, der Wind wieder wie der Schlag traf. Weit fuhr ich dann nicht mehr. Ca 10km nördlich der Stadt ist die Salesianer Mission.

DSC07947Es war Sonntag Abend und kaum jemand da. Vom Manager wurde mir erlaubt, irgendwo auf dem Grundstück windgeschützt zu zelten. Neben einer Schule, die jetzt Ferien hat, gibt es eine Schule für Agrartechnik. Die Produkte werden in einem kleinen Laden verkauft. Auch ein Museum gibt es, leider alles im Januar geschlossen.

Vor der „Ganaderia“, wo Zaumzeug für Pferde hergestellt wird, fand ich ein nettes, wind- und regen geschütztes Plätzchen.

DSC07946 Obwohl mir gesagt wurde, da ist niemand und da kommt heute auch niemand mehr, dauerte es nicht lange und ein junges Paar kam im Auto angefahren. Daniel, der dort arbeitet wollte sein Motorrad unterstellen. Noch bevor ich mich entschuldigen und rechtfertigen konnte, waren sie beide sehr nett, natürlich hätten sie nichts dagegen, wenn ich hier zelte, ich solle doch weiter nach hinten, da wäre es doch besser…Sie ließen mir noch eine fast volle 3l Flasche Sprite, die Süßigkeiten lehnte ich lieber ab. Schon beim Anblick diesem plombenziehenden Türkischem Honig bekam ich Zahnweh.

Danach kam noch der Nachtwächter, der war auch ganz erfreut mich zu sehen. Er war Schottisch-Englischer Herkunft, was bei dem roten Haar leicht zu erraten war und hatte seinen Spaß mit mir Englisch zu reden.

Regen weckte mich am nächsten Tag. Machte ja vorerst nichts, ich zeltete ja im Trockenen. Wenn es regnet ist meistens kaum Wind. Also fuhr ich los. Noch bevor ich von dem Gelände war, war ich patschnass. Das macht ja so auch keinen Sinn, dachte ich und drehte wieder um. Von einem anderen Mann wurde ich in ein großes Gebäude gewunken, wo ich mich an der Heizung wieder trocknen und wärmen konnte. Als die Sonne kam, startete ich den zweiten Versuch. Diesmal wurde ich vom Wind wieder zurück geblasen. Beim dritten Versuch, nachdem ich auch zwei Radfahrer in meine Richtung fahren sehen habe, beschloss ich, diesmal kehre ich nicht wieder um, komme was wolle.

Der Wind hat mir dann sehr schnell meinen Ehrgeiz alles fahren zu wollen aus dem Hirn geblasen, vor allem, als die zwei Radfahrer wieder zurück kamen. Ich beschloss dann einfach zu trampen. Es dauerte nicht lange und ein Auto hielt an. Der Fahrer hatte schon eine Tramperin aus Österreich, ohne Fahrrad, aufgelesen. Die Fahrt war dann ganz nett, leider nur bis zur argentinischen Grenze. Der Wind war so stark, dass die Schafe, anstatt wie üblich Gras zu fressen, flach lagen. Bei den Radfahrern war es ähnlich, die wenigen, die überhaupt unterwegs waren, saßen nur irgendwo am Straßenrand, egal in welche Richtung.

14km ist die Strecke von dem argentinischen zu dem chilenischen Zoll. Auf der Hinfahrt haben wir vielleicht 45Minuten gebraucht. Diesmal hat es 4 Stunden gedauert. Kaum einen Kilometer konnte ich fahren, nur schieben, auf dieser Schotterpiste. Kein Auto hielt an. Ich wollte nur noch durch und hoffte, dass ich wieder in dem alten Haus der chilenischen Polizei schlafen konnte.

Die chilenischen Beamten waren sehr nett zu mir. Den Agrarkontrolleure konnte ich leicht klar machen, dass ich auf den letzten 14km genug Zeit hatte, alles Obst zu essen. Mehr wollten sie nicht wissen. Ein älterer Kontrolleur fragte seinen Chef, ob ich in dem Kontrollraum schlafen könne. Der lehnte es zum Glück ab. Nicht nur weil dort überall Kameras waren, sondern das Frühstück wäre problematisch geworden. Es waren ja nur noch 500m zu Polizei, wo sie mich gleich wieder erkannten und in das Haus ließen. Ich war so fertig, dass ich sofort eingeschlafen bin.

Meine Motivation am nächsten Tag weiter zu ziehen hielt sich in Grenzen. Bleiben konnte ich auch nicht gut. Also packte ich und stellte mich einfach vor dem Polizeigebäude an die Straße. Wenn kein Auto kam, was sehr oft der Fall war, konnte ich mich gut im Windschutz verkriechen, den ich unter keinen Umständen aufgeben wollte. Genau 3 Autos hielten an. Einer gab mir sein ganzen Lunchpaket, die anderen zwei entschuldigten sich, dass sie mich nicht mitnehmen konnten. Die Autos waren zu klein.

Um die Mittagszeit wurde ich von den Polizisten zum Mittagessen gerufen. Ich bekam einen ganzen Teller voll mit Nudeln, Soße und Wurst, dazu heißen Tee und selbst gebackenes Brot. Danach ging es mir wieder besser. Wenn man nur so herumsteht wird es ganz schön kalt. Um ca 18 Uhr gab ich auf und verzog mich wieder in mein Häuschen, schlief zuerst mal eine Stunde, bevor ich kochte. Kaum fertig, kam ein Polizist und brachte mir eine Thermoskanne mit heißem Wasser, Kaffee, Tee, selbst gebackenes Brot und fragte mich, ob ich Duschen wollte. Und wie ich wollte, nachdem mir der ganze Tag der kalte, sandige Wind  um die Ohren pfiff. Danach ging es mir wieder viel besser.

Mir war klar, das war kein geeigneter Ort zum Trampen. Ein paar hundert Meter weiter kam eine Einmündung einer anderen Straße. Nur wollte ich an diesem Tag nicht wirklich weiter und vor allem nicht aus meinem Windschutz heraus. Am nächsten Tag war es anders, der Wind war auch nicht mehr so stark. Ich fuhr einfach los, trampte unterwegs. Das lief dann hervorragend, auch wenn nicht allzu lange Abschnitte, ich glaube ich hatte vier Autos. Auf dem chilenischen Gebiet von Feuerland ist alles voll Öl, so scheint es wenigstens. Überall wird gepumpt. Es waren einige Kleinlastwagen unterwegs, die leicht mein Fahrrad aufladen konnten.

Nach ca. 130km (ca. 20km davon mit dem Fahrrad gefahren) hörte der Schotter endlich auf, aber der Wind nicht. Der Beton alleine brachte noch keinen großen Vorteil. Also stoppte ich noch einmal. Diesmal war es ein Kleintransporter, der sogar etwas weiter fuhr.

DSC07948Zusammen überquerten wir die Magellan-Strasse, endlich runter von Feuerland! Auf der anderen Seite sah es nicht viel anders aus. Der Fahrer meinte, es wird sich auch bis Comodoro Rivadavia nicht ändern. Das sind noch ca. 1000km – schöne Aussichten. An der Abzweigung ca 20km hinter der Fähre wurde ich wieder raus gelassen. Immer noch blies der Wind, diesmal war es aber für mich gigantisch, da es nach Osten ging. Innerhalb kürzester Zeit habe ich die 50km  bis zur Grenze nach Argentinien erreicht. Hier ist eine richtige Massenabfertigung, ganz anders als in San Sebastian. Damit ich am nächsten Tag früh weiter kann, wollte ich am Abend noch über die Grenze. Ich frage die Zollbeamten, ob man hier zelten könne, sie sagten, bei der Lastwagenabfertigung 500m weiter. Kurz nach dem Zoll war ein argentinisches Radlerpaar am Straßenrand. Sie waren nicht sehr glücklich. Auch sie wollten einen Platz zum Zelten, hatten sich den anderen Platz schon angeschaut und für schrecklich empfunden, was ich mir gut vorstellen kann. Ihnen wurde dann der Platz am Straßenrand zugewiesen. Auch damit waren sie nicht sehr glücklich und überlegten nach Chile zurueck zu gehen. Das kam für mich nicht in Frage, so oft wie ich meinen Käse schon über die Grenze geschmuggelt habe, wollte ich es nicht nochmals riskieren. Zusammen zelteten wir dann an Ort und Stelle. Ich fand es eigentlich ganz nett, windgeschützt und wegen den vielen Polizisten sicher. Der Verkehr war gegen später praktisch nicht mehr vorhanden. Die beiden, ambitionierte, junge Sportstudenten, wollten um 5 Uhr wegen dem Wind losfahren. Das musste ich mir nicht mehr antun. Ich sagte ihnen, wo in Rio Gallegos, der nächsten Stadt, der Campingplatz ist, wo wir uns wieder treffen können.

Es war dann auch für die zwei nicht 5 Uhr, sondern eher 7Uhr, für mich noch etwas später. Der Rückenwind hielt zum Glück noch an und ich war um Mittagszeit in Rio  Gallegos, wo ich Alejandro und Candel wieder getroffen habe. Auf dem Campingplatz waren noch zwei junge österreichische Fahrradfahrer. Die zwei waren Richtung Süden unterwegs, haben für eine längere Strecke von Buenos Aires den Bus genommen. Alejandro und Candel wollten auf die Ruta 40, El Chalten. Ich glaube, in Zukunft werde ich kaum mehr Radfahrer begegnen, die Ruta 3 ist nicht so populär für Radfahrer.

Nach zwei Tagesetappen, wo keine Ortschaft, nichts dazwischen war, kam ich nach Comandante Luis Piedra Buena. Ein merkwürdiger Name für einen Ort, deswegen wird er nur Piedra Buena genannt. Außer dass er am Rio Santa Cruz liegt, der irgendwo am Moreno Gletscher entspringt und ganz Santa Cruz, die Provinz hier, durchzieht, eigentlich nichts besonderes. Für mich dann doch.

Wie üblich bin ich zuerst mal in den Supermarkt um mir etwas zum Trinken zu holen. Die Landschaft hat sich seit Feuerland nicht sehr geändert, aber die Temperatur. Es ist hier wesentlich wärmer. Ich war kaum wieder draußen, da kam eine junge Frau auf mich zu und meinte, sie kenne mich, sie wäre eine Freundin von Flor, bei der ich acht Tage in El Chalten war. Flor hat anscheinend Fotos von uns in ihr Facebook gestellt. Auch wenn ich persönlich dieses soziale Netzwerk ablehne, trete ich doch immer wieder bei anderen Leuten auf deren Seite auf. Diesmal war es ganz nett. Ich wusste, dass Flor’s Schwester und Mutter dort leben und ein Café haben. Als sie in El Chalten waren, meinten sie, ich solle vorbei kommen. Dies wollte ich noch tun. Flor’s Freundin meinte, ich könnte auch bei ihr übernachten, wenn es bei Marita und Anna-Maria nicht klappt.

Ich war gerade auf dem Weg in ihr Café, da kamen sie mir entgegen, waren sofort sehr begeistert mich zu sehen, wussten sogar noch meinen Namen! Das Café, in dem es auch Eiscreme gibt, war voll von Kundschaft. Auch ich wurde köstlichst versorgt. Später sind wir zusammen an Fluss, mit noch einer Schwester von Flor, Analia.
DSC07958Es war wirklich fast paradiesisch, eine Mischung aus Pizzeria und Eisdiele.

DSC07968Ich war dem Wind gar nicht böse, der mich davon abhielt, für zwei Tage auch nur daran zu denken, wenigstens das Vorderrad vor die Tür zu setzen. Es gibt einfach keine Geschwindigkeitsbegrenzung für Winde. Egal in welcher Richtung, es macht einfach keinen Spaß, bei Böen um die 100km/h Fahrrad zu fahren.

Am dritten Tag hatte der Wind dann endlich ein Einsehen und ich konnte weiter. Zum Glück, ich weiß nicht, ob ich nach noch ein paar Tagen es noch auf mein Fahrrad geschafft hätte.

Von Anna-Maria bekam ich zum Abschied eine wunderbar duftenden Rose,DSC07967die es leider nicht lange bei der Hitze ausgehalten hat.

Marita und ihre Nichte begleiteten mich ein Stück,

DSC07972es ist nett, wenn ich sehe, wie ich andere zum Fahrradfahren animiere.

Wie ich schon erwähnt habe, die Landschaft ist nicht sehr spannend
DSC07974und der Abstand bis zu den nächsten Ortschaften weit, ein paar hundert Kilometer. Trotzdem, der Rückenwind machte das ganze zu einem Vergnügen. Man konnte die Kilometer nur so herunterreißen. Keinen Tag unter 120km. Außerdem, je weniger Ablenkung von außen, desto mehr geht im Kopf ab, wenn man es zulässt. So war es eigentlich nicht langweilig. Und mein Ego war wieder befriedigt. Kein Fahrradfahrer weit und breit. Hier fährt nicht jeder. Warum, weiß ich auch nicht.

Die Tierwelt bot auch eine Abwechslung. Einiges habe ich schon tot auf der Straße liegen sehnen, zum Beispiel muss es viele Stinktiere hier geben. Als ich das Gürteltier das erste Mal lebendig gesehen habe, konnte ich es kaum glauben.
DSC07976Ihr könnt Euch vorstellen, dass ich dem Baggerfahrer schnell klarmachte, lieber anzuhalten. Ich hatte schon genug tote Gürteltiere gesehen.
DSC07977Wenigstens dem konnte ich das Leben vorerst retten.
DSC07980Guanacos gab es auch in rauen Mengen. Es war wunderbar ihnen zuzuschauen, wie sie elegant über die Zäune sprangen. Was weniger wunderbar war, war, dass sie gerade Junge hatten, die dazu noch nicht in der Lage war. Lange Strecken legten sie auf der anderen Seite des Zaunes zurueck.

Überirdisch sind auf den ganzen hunderten Kilometern kaum Gebäude zu sehen. Unter der Straße haben sie nette Abstellplätze für Fahrräder gemacht.
DSC07982Nur werden sie auch öfters als Klohäuschen benutzt. Ich musste schon ein paar abklappern, bis ich ein geruchsfreies fand, wo ich aus zelten konnte.Sogar relativ windgeschützt und unsichtbar für die Autofahrer.

Nach 3 Tage war ich im nächsten Ort, Caleta Olivia. Der Name ist schöner als der Ort. Alles voll von Plastiktüten, obwohl es seit Jahren keine Plastiktüten in den Supermärkten mehr gibt, nur zum Abpacken von Obst und Gemüse. Die Straße, wie sie auf meinem GPS eingetragen war, gab es noch gar nicht. Ein ganzer Stadtteil sah aus wie eine riesige Bauruine. Zwei nette Begebenheiten gab es doch noch. eine Frau kam aus einer Eisdiele heraus und gab mir ein Eis, einfach so. Dann wurde ich zum Übernachten eingeladen, mit Abendessen und Kleiderwaschen. Das Abendessen war wie üblich hier erst um Mitternacht.

Dementsprechend spät wurde es am nächsten Tag mal wieder. Dumm, denn schon vor Caleta Olivia änderte der Wind seine Richtung, es war gar nicht mehr so schnell. Dafür ging die Straße direkt am Meer entlangDSC07986und war wunderschön. Es war ein sonniger Sonntag, der einige Leute heraus lockte. Die Strände waren knall voll. Die Straßen leider auch. Und im Vergleich zu den hunderten Kilometern vorher war diese in einem sehr schlechten Zustand. Die neue Straße war schon über lange Strecken im fahrbaren Zustand, aber für den Verkehr gesperrt. Für mich natürlich prima.
DSC07989Es ging bergauf und bergab und um Kurven. Im Vergleich zu den anderen Tagen so abwechslungsreich, dass einem fast schwindelig wurde. Und es war heiß, sehr heiß. Nur einmal kam der Wind vom Meer, das war eine kühle Erfrischung. Im Schatten der Polizeikontrolle, das an der Grenze der Provinz  Santa Cruz und Chubut war, musste ich mich im Schatten ein wenig ausruhen. Danach fing der Wind erst richtig an. Es stürmte richtig. Äußerst unangenehm mit dem ganzen Sand um mich herum. Alle Leute, die sich seither an den Stränden in der Sonne aalten, sprangen in ihr Auto und fuhren heim. Das machte es für mich auch nicht angenehmer. Also war mal wieder trampen angesagt. Eine Familie in einem Kleinlastwagen nahm mich mit. Mit Vater, Mutter, drei Kindern und Hund war das Führerhaus schon voll. Irgendwie brachten sie mich trotzdem noch unter und das Fahrrad samt Gepäck hinten drauf. Die letzten 20 km bis nach Comodoro Rivadavia blieben mir so erspart. Es ist eine der größeren Städte, zumindest was die Ausdehnung angelangt.
DSC07993YPF, die argentinische Erdölfirma ist hier sehr stark vertreten. Darum sind die Stadt und die viele Leute sehr reich. Trotzdem keine schöne Stadt. Auch hier liegt am Stadtrand unglaublich viel Abfall. Alle Abwasser werden direkt vor der Stadt ins Meer geleitet. Durch den starken Wind, der hier meistens vorherrscht, ist viel Staub in der Luft. Dank YPF und den hohen Löhnen gibt es viele teure Läden und das beste Eis aller Zeiten.

Der Wind hält mich hier mal wieder etwas länger fest. Aus den beschriebenen Gründen zieht es mich auch nicht gerade nach draußen. Ich genieße es einfach, wieder eine nette Einladung und Bleibe zu haben, wo ich einfach nur ausruhen, schreiben, Fahrrad richten, weitere Reise planen, etc. … muss.

Kein Feuerwerk auf Feuerland

Bei wunderbarstem Wetter ging es, nun alleine, von El Chalten weiter Richtung Sueden. Mein Fahrrad war neu gerichtet und ich freute mich wieder richtig nach den 8 Tagen Pause, auf der Straße zu sein. Meiner Schulter taten die Ruhetage auch sehr  gut.

Trotz fantastischem Rückenwind, wenigstens auf den ersten 88km lohnte sich es ab und zu anzuhalten und den letzten Blick auf den Fitz Roy zu genießen. unnamed(vielen Dank an Jürgen Zink für das Photo).

DSC07806 Natürlich waren mal wieder sehr viele Motorradfahrer unterwegs. Einige Kilometer nach El Chalten sah ich bepackte Fahrräder am Wegesrand stehen. Die Besitzer saßen im Straßengraben, auf der Suche nach Windschatten. Die Ärmsten, hier wollte ich wirklich nicht in Gegenrichtung unterwegs sein.

Für mich ging es allerdings auch nicht so rosig weiter. Nach 88km war die Abzweigung! Davor ging es nach Südosten, danach nach Südwesten. Gar nicht nett!! Vor allem, wenn der Wind hauptsächlich von Westen kommt. Die Verkehrsschilder haben absolut ihre BerechtigungDSC07811Mein Glück, dass sehr wenig Verkehr war, wie man sieht. Immer wieder fand ich mich plötzlich in der Mitte der Straße wieder.

Die Berge hatte ich vorerst auch hinter mir. Karges, ödes Land, nichts, was den Wind aufhalten könnte. Auch ich suchte jetzt Schutz im Straßengraben, vor allem zum Zelten.

Allerdings gab es doch etwas Abwechslung. Selten habe ich in Südamerika so viele wilde Tiere gesehen, wie hier.
DSC07822Im Vergleich zu den Emus in Australien sind die Nandus hier winzig.
DSC07825 Die Füchse erkannte ich nur am Fuchsschwanz. Wahrscheinlich zur Tarnung haben sie hier eher die Farbe wie die Erde.

Völlig erstaunt war ich, als ich an einem See mit Flamingos vorbei kam.
DSC07830 (ja, ganz hinten, wenn man das Foto vergrößert, kann man die rosa Tupfen erkennen). Hier hat es wie eine Mischung aus Neuseeland und Mongolei ausgesehen. Sanfte grüne Hügel und viele Schafe.

Seit El Chalten war ich mal wieder 2 1/2 Tage unterwegs, bis ich endlich zu etwas kam, das wenigstem im Entferntesten einem Laden glich. Zumindest bekam ich da eine neue Packung Keks: die Tankstelle in Tapi Aike.
DSC07832Wie soll es auch anders sein, es war Mittagszeit, Siesta. Noch eine Stunde bis die Tankstelle wieder aufmacht. Was soll’s, ich hatte sowieso noch keine Mittagspause. Viel kaufen konnte ich sowieso nicht. Die chilenische Grenze mit ihrer „Agrar-Kontrolle“ stand wieder bevor. Wenigstens habe ich gelernt:
DSC07842Am Willkommensschild von Chile, noch vor den Kontrolleuren, aß ich meine letzte Banane. Den Apfel habe ich deklariert und abgenommen bekommen, von einem sehr engagierten, motivierten, jungen Kontrolleur.

Nachdem die letzten Touristen von Torre del Paine über die Grenze in anderer Richtung waren, kam ich endlich durch. Es war schon spät, trotzdem wollte ich noch ein paar Kilometer fahren, nicht in Richtung des Nationalparks. Es gab einige Gründe für mich ihn mir zu ersparen. Das war mein Glück, denn das Wetter wurde katastrophal.

Ich wusste, viel kommt auf der Strecke vor Puerto Natales nicht mehr, vielleicht ein paar Estanzias. Wie erfreut war ich da, die nagelneuen „Bushaltestellen“ zu sehen.
DSC07844Ich habe zwar keine Ahnung, ob hier wirklich ein Linienbus fährt, aber die Schutzhäuschen waren genial. Richtige Glasscheiben schützen vor dem Wind. Dass es keine Tür gab, war nicht so schlimm, denn der Wind kam aus der anderen Richtung.
Wichtig war, die Bank war breit genug, dass ich darauf schlafen konnte, mein Fahrrad hatte auch darin Platz, sogar kochen konnte ich noch. Es ist vor allem fantastisch, wenn Nachts der Wind alles durchschüttelt und es anfängt zu regnen.

Nach Puerto Natales, nach 4 Tagen endlich dem ersten richtigen Ort nach El Chalten, waren die „Bushaltestellen“ nicht mehr so komfortable, aber ausreichend. Über 170km bin ich an dem Tag gefahren, bis ich so etwas entdeckte.

DSC07847Das ist der Standard in dieser Gegend. Nicht ganz so luxuriös wie auf der Touristenstrecke nach Torres del Paine, trotzdem ein prima Wind- und Regenschutz.

Vor Punta Arenas wurde ich das erste mal wieder mit richtigem Verkehr konfrontiert, ganz schön gefährlich, wenn der Wind von der Seite kommt und man immer wieder in die Mitte der Straße geblasen wird.

Nachdem ich in Australien all den „Grey Nomades“, Ruheständler, die mit ihrem Wohnmobil umher fahren, begegnet bin, wurde ich gefragt, was die europäischen Ruheständler machen. Jetzt weiß ich es: sie fahren mit ihrem Campervan in Südamerika umher. Fünf oder sechs Wohnmobile aus Düsseldorf kamen mir entgegen. Für Weihnachten und Neujahr scheint es ein großes Treffen in Ushuaia zu geben. Auch viele Schweizer, Franzosen und Italiener sind so unterwegs.

Mein Ziel war zuerst einmal Punta Arenas, die südlichste Stadt in Chile.

DSC07873Wie in jeder Stadt gibt es auch hier einen „Plaza Major“, den Plaza de Armas. Aus der Mitte des Platzes ragt das Magellan-Denkmal heraus.

DSC07850Da es Glück bringen soll, den Fuß des portugiesischen Seefahrers zu küssen, ist dieser schon ganz blank.

Viel von Weihnachten ist hier nicht zu sehen. Die ganze Europäische Weihnachtsbeleuchtung wäre hier eh fehl am Platze, denn es wird gar nicht richtig dunkel.

Ich war bei einem Couchsurfer eingeladen, zusammen mit einer Australierin (ohne Fahrrad). Das einzig Weihnachtliche gab es in einem nahe gelegenen Kinderheim, wo sie praktisch das ganze Dorf Bethlehem nachgebaut haben.

DSC07859Es war sehr imposant und sehr effektiv beleuchtet. An Heilig Abend waren wir bei seiner Familie eingeladen. Das war ganz nett, aber nicht wirklich richtig Weihnachtlich.

Hier habe ich zu aller Freude Jacky und Kayla wieder getroffen. Am ersten Weihnachtsfeiertag nahmen wir zusammen die Fähre nach Feuerland, Tierra del Fuego.

DSC07882Wie immer war es unglaublich windig, diesmal aber aus der richtigen Richtung.

Es war irgendwann nach sechs Uhr abends, als wir in einem winzigen Ort namens Porvenir auf Tierra del Fuego angekommen sind. Von einem Fahrradfahrer wussten wir, dass nach ca 40km leerstehende Fischerhütten kommen, in denen man gut übernachten kann. Also fuhren wir und fuhren wir. Hier ist mal wieder alles nur Schotterpiste. Es wurde immer kälter, aber nicht sehr viel dunkler zum Glück. Das Abendlicht war mal wieder fantastisch.. DSC07886 Dann endlich kamen Fischerhütten. Die waren aber bei Weitem nicht leerstehend. Da wir genug hatten und total durchgefroren waren, fragten wir den Fischer, ob wir unser Zelt in einer der Hütten aufbauen könnte. Er meinte nur, er wisse was Besseres, verschwand, kam kurz darauf wieder und meinte, alles klar, wir können in der Estanzia, gleich nebenan übernachten. Welch Freude!, in dem Haus, in dem normaler Weise Zeitarbeiter schlafen, bekamen wir ein warmes Bett, heiße Dusche und ein Abendessen. Das war wirklich das Beste Weihnachtsgeschenk! Die Berge, nicht weit entfernt, hatten eine neue weiße Schneeschicht. So hatten wir auch noch eine weiße Weihnacht.

Am nächsten Tag ging es nochmals mehr als 100km auf Schotterpiste, im starken Wind zur Grenze nach Argentinien. Feuerland ist sehr merkwürdig zwischen Argentinien und Chile aufgeteilt. Um vom Festland Argentinien nach Argentinien auf Feuerland zu kommen, muss man auf jeden Fall durch den chilenischen Teil. Die Grenzen sind noch richte Grenzen, mit Kontrolle und Stempel. Nicht so wie in Europa, wo es keinen wirklich interessiert, wenn man die Grenze überschreitet.

Nur sind Lebensmittelkontrollen, wenn man nach Argentinien kommt, nicht so streng. Man muss nichts unterschreiben, ob und was man einführt. Zwischen dem chilenischen und dem argentinischen Grenzposten sind nochmals 14km Schotterpiste. Darauf hatten wir keine Lust mehr und fragten die Polizei, ob wir irgendwo im Windschatten unser Zelt aufbauen können. Wir bekamen dann ein altes Haus zugewiesen. Das war so staubig, dass wir im Haus unsere Zelte aufbauten.

DSC07889Im Zelt ist es auch wärmer, es auch sehr, sehr kalt.

Hinter der Grenze, im argentinischen Teil, ist dann alles geteert,

DSC07891 die ganzen ca 300km bis Ushuaia, ans Ende der Welt.

Ca 100km vor Ushuaia kommt noch ein Radfahrerparadies, die Panaderia in Tolhuin!
DSC07893 Der Besitzer, Emilio, setzt sich sehr für das Andenken an den Herzchirurgen Rene Favaloro, der Opfer der argentinischen Wirtschaftskrise wurde, ein. Wahrscheinlich aus „Herzensgründen“  organisiert Emilio Radtouren und lässt jeden vorbeikommenden Radfahrer in einem kleinen Zimmer hinter der Backstube übernachten. Es ist wirklich paradiesisch mit warmen Empanadas und Facturas (süße Stückchen) verwöhnt zu werden. Zum Dank veranstalteten Jacky und ich unter dem Weihnachtsbaum ein Weihnachtskonzert.
DSC07896 Endlich ein bisschen Weihnachten. Das Café der Bäckerei war wie üblich rappel voll. Nicht nur unter Radfahrern ist sie berühmt und beliebt.

Dann ging es weiter, über die letzten zwei Pässe nach Ushuaia.
DSC07901Das Wetter war besser, aber noch nicht ganz so gut. Eigentlich habe ich das Foto gemacht, damit man den Unterschied zum schlechten Wetter sieht, wenn ich bei, wie angenommen, schönstem Sonnenschein bei der Rückfahrt über den Pass fahr. Da ahnte ich noch nicht, dass es noch weit schlimmer werden kann.

Dann endlich Ushuaia. Warum man am Eingangstor mit Walt Disney Figuren begrüßt wird, weiss ich auch nicht.
DSC07903Seit ich das letzte mal hier war (nicht mit dem Fahrrad), hat sich die Stadt sehr verändert. Damals musste ich auch nicht an dem Containerhafen und den Öltanks vorbei.
DSC07910Gerade zu Jahresende erreichten wir das Ende der Welt.
DSC07914Für Jacky und Kayla war hier die Reise mit dem Fahrrad zu Ende. Sie verliehen ihre Räder und wollten per Anhalter  nach Norden Chiles. Ein unvorstellbarer Gedanke für mich, mich von meinem Fahrrad zu trennen.

Was mich schon an Heilig Abend ein bisschen gestört hat, war, dass es überhaupt nicht richtig dunkel wird. Wenn man gewohnt ist, dass an Heilig Abend und Silvester um 5 Uhr dunkel ist, ist es schon gewöhnungsbedürftig, wenn selbst um Mitternacht nicht richtig dunkel war.
DSC07918 Auf das Feuerwerk zu verzichten war dann auch nicht so schlimm. Für die Allgemeinheit ist es grundsätzlich verboten, es gibt auch nirgends Knallkörper zu kaufen. Die Gefahr wegen Brände ist einfach zu groß, nicht nur wegen den Wäldern, sondern auch da praktisch jedes Haus aus Holz ist. Manchmal, wenn die Bedingungen nicht so gefährlich sind, wird von der Stadt ein Feuerwerk veranlasst. Dieses Jahr nicht, bei dem ganzen Wind. So hatte ich ein relativ ruhiges Silvester in einem Hostel, mit einigen Reisenden, die ich schon früher getroffen hatte.

Damit das Jahr gleich richtig gut anfing, bin ich sehr früh aufgestanden um zum Nationalpark Tierra del Fuego zu fahren. Einige Jugendliche waren frierend und nicht nur schlaftrunken auf dem Heimweg von ihrer Silvesterparty. Nicht wenige haben ihr Auto abgenommen bekommen.

Ich konnte mich daran erinnern, dass der Nationalpark mir vor zig Jahren sehr gut gefallen hat, als ich hier zum Wandern war.
DSC07926Auch diesmal war ich total begeistert von dem Wald, vor allem, da ich ihn am 1. Januar so früh morgens ganz für mich hatte.

Heute war mein Ziel nur das Ende der Ruta 3.
DSC07931Soweit kommt man mit Fahrzeugen auf dem „Festland“ von Südamerika, wobei ja eigentlich Feuerland auch eine Insel ist und zwar die größte Südamerikas. Da ich ja schon am südlichsten Ende von Neuseeland und am nördlichsten Ende von Australien war, sollte ich mir das ja auch nicht entgehen lassen. Die Fahrt hat sich auch so absolut gelohnt,
DSC07933Ein fantastischer Start in das Neue Jahr. So früh war der Himmel noch strahlend blau. Hier kann sich das Wetter sehr schnell ändern, was es dann auch prompt tat.

Für die meisten ist Ushuaia der Start oder das Ende einer langen Reise, Die Ganzen Panamericana Fahrer von Alaska enden hier. Nur wenige kehren um und fahren zurück.

Am 2. Januar war es für mich so weit. Es regnete zwar, aber ich hatte mich schon von allen verabschiedet und wollte trotzdem fahren. Außerdem ändert es sich ja immer nach dem nächsten Berg. Das tat es dann auch, aber zum Schlimmeren. Es stürmte und schneite, und so etwas nennt sich Sommer hier. Erstaunlicher Weise machte es mir überhaupt nichts aus, denn ich wusste, am Abend habe ich wieder ein warmes Plätzchen in der Panaderia. Außerdem war ich so froh wieder auf dem Fahrrad zu sein.

Trotzdem lehnte ich es nicht ab, als ein Auto von Nationalparkwaldarbeiter (oder so ähnlich) anhielt und mir angeboten hat, mich mitzunehmen. Wenigstens über den nächsten Pass, wo ich eigentlich die Aussicht dieses Mal bei Sonnenschein fotografieren wollte. Ich hätte genau so gut eine graue Wand fotografieren können. Einmal hielten sie an, um einen Baumstamm von der Straße zu entfernen. Sie konnten sie kaum auf den Beinen halten. War ich froh, dass ich im Auto saß.

Nach dem Pass war das Schlimmste vorbei. Ab und zu mit Rückenwind, hatte ich die restlichen 50km schnell hinter mir.

In der Panaderia wurde ich von einem jungen chilenischen Radfahrer wurde mit einem ganzen Teller Empanadas empfangen. Da ich den ganzen Tag kein nettes Plätzchen für eine Pause gefunden hatte, war ich dementsprechend hungrig. Nach 5 Empanadas und einer heißen Dusche ging es mir wieder wesentlich besser.
DSC07939 Als dann noch die Bäckerin mit einem Teller „Facturas“ (süße Stückchen) kam, war alles wieder prima in Ordnung.
DSC07944Zwei Nächte blieb ich wieder in Tolhuin um mich für die lange Etappe auf der Ruta 3, nach Buenos Aires, vor allem kalorienmäßig vorzubereiten.