Nach den sehr anstrengenden Tagen in Hongkong mit wenig Schlaf, kam ich endlich auf den Philippinen an. Eigentlich wollte ich hier Urlaub machen, mehr Zeit am Strand verbringen, schreiben und lesen. Ich konnte mir Radfahrern auf den Philippinen nicht so recht vorstellen, ich kannte niemand, der dort gefahren ist, außerdem sollte ja Regenzeit sein. Und wieder einmal kam alles anders, das macht ja das Reisen so spannend, man weiß nie was einen eigentlich erwartet.
Auch hier braucht man als Deutscher Staatsbürger kein Visum vorher, man bekommt eines bei der Einreise, zur Zeit sind es drei Wochen. Gleich am Flughafen baute ich mein Fahrrad zusammen, unter Beobachtung der Sicherheitskräften, aus einer gewissen Distanz, dass es nicht lästig wurde. Jeder war begeistert von meinem Rad. Einer bot mir sogar 10 000 Pesos(~185 Euro) an.
Ich landete auf dem Clark Airport ca 85km nördlich von Manila. Er war früher US Fliegerstützpunkt, heute ist er „der“ Flughafen für Billigflüge, berühmt berüchtigt für „Sexbomber“, direkt nach Angeles City, wo das Militär eine Horde von Prostituierten zurückgelassen hatten.
Welch ein Unterschied zu den vorherigen, meist moslemischen Ländern, die Philippinen ist das einzige christliche Land in Asien (außer der Insel Mindanao, wo die Mehrheit Moslems sind). Hier pulsiert das Leben, alles ist voll von Lebensfreude. Alles so schön bunt, vor allem die „Jeepnies“, die lang gezogene Autos.
Der Verkehr ist auch ein wenig chaotisch. Ich habe beschlossen, ich liebe die Philippinen.
Da ich zu müde war, wollte ich die Nacht in Angeles City bleiben. Welch ein Erlebnis. Ich hatte ja schon einiges gesehen, nichts war so schlimm wie Angeles City. Es war Freitag Abend. Die Straßen waren voll von Prostituierten, die auf ihre Freier warteten. In den meisten Hotels konnte man Zimmer stundenweise mieten. Auch für die Frauen muss ich einen ungewöhnlichen Anblick geboten haben, wie ich mein voll bepacktes Fahrrad durch die Fußgängerzone schob. Schließlich habe ich doch noch ein kleines Guesthouse gefunden, wo nicht alles schon von westlichen Männern besetzt war.
Langsam machte ich mich am nächsten Tag wieder auf. Ich hatte ja beschlossen, Urlaub auf den Philippinen zu machen, kein Grund zur Eile.
Es war ein bisschen kompliziert aus der Stadt zu kommen, kaum Wegweiser. Es spricht hier aber fast jeder Englisch, und zwar sehr gut. Und sie sind außerordentlich freundlich! Also kein Problem nach dem Weg zu fragen. Inzwischen war es schwül heiß, hat aber nicht geregnet, wie ich es wegen der Regenzeit vermutet hätte. Landschaftlich war es sehr schön, eben, viel Wasser, am Horizont Wolken verhangene Vulkane.
Abseits der Hauptstraße ging es nicht nur am Wasser vorbei, sondern teilweise auch durchs Wasser durch.
Die Gegend war teils sehr arm, es gab sicherlich Leute, die meinten, ich könne hier nie durchfahren, es sei viel zu gefährlich. Das war es aber bei Weitem nicht. Viele Kinder spielten auf der Straße.
Vor Manila kam es zu einem heftigen Verkehrsstau. Fast alle Fahrzeuge waren die Dreiräder, Tricycles.
Als ich das Chaos fotografierte, meinte ein Fahrer, ich solle lieber das fotografieren. Da waren gerade ein paar Männer dabei, einen Laden aufzubrechen, am helllichten Tag! Als ob es das gewöhnlichste wäre. Vielleicht hatten sie auch nur den Schlüssel verloren. Fotografiert habe ich es natürlich nicht.
Es war dann schon dunkel als ich im Norden der Stadt den Hafen erreicht hatte. Trotz allen Warnungen, wie gefährlich Manila ist, vor allem bei Dunkelheit, fühlte ich mich sehr sicher. Kinder spielten noch auf der Straße und es waren noch genug Leute unterwegs, die ich fragen konnte. So habe ich ohne Probleme, halt spät, das Hostel erreicht.
Den ersten Tag in Manila habe ich praktisch nur vertrödelt, muss auch mal sein. Dann tat es mir leid, dass ich eigentlich nichts von der Stadt gesehen habe und beschloss, nochmals einen Tag hier zu bleiben.
Ich muss sagen, es hat sich gelohnt, die Stadt hat mir sehr gut gefallen. Zuerst am Baywalk entlang, wo sich bunte Radler tummeln, Kinder im Meer schwimmen, im ganzen zwischen dem ganzen Dreck. Ich konnte mir das schwimmen gerade noch verkneifen.
Sehenswert ist auf jeden Fall das Spanische Erbe, in Intramuros
Ich weiß nicht wie viele Tricycle Fahrer hier für Touristen bereit stehen.
Auch junge Frauen sind darunter.
Die Katholische Kirche hat auf den Philippinen eine große Macht und ist allgegenwärtig. Ich weiß nicht wie viele Kirchen es alleine in Manila gibt. Eine der größten ist die Quiapo Kirche.
Daum herum ist ein sehr bizarrer Markt. Hier kann man all die religiösen Reliquien erstehen, sowie Diplome und andere Zertifikate.
Auch am Passig Fuss tummeln sich ebenfalls die Kinder im Wasser und
springen von der Quezon Brücke. Dem kleinen Jungen habe ich gesagt, er braucht nicht zu springen, wenn er nicht will. Worauf er ganz erleichtert wieder über das Geländer stieg und einen stolzen Abgang machte.
Zwei Dinge, die ich nicht so mochte, waren einmal die Vielzahl der bettelnden Kinder. Da ich ihnen nicht wirklich helfe, wenn ich ihnen Geld gebe, schaue ich immer Ausschau nach Hilfsprojekten. Hier habe ich allerdings, trotz der starken Präsenz der katholischen Kirche, nichts gefunden.
Das zweite, was ich nicht so mag, ist das ständigen „Hi Mam“ daran kann ich mich aber auch noch gewöhnen.
Dann ging es endlich aus der Stadt heraus, schließlich wollte ich ja endlich an Strand und im Meer schwimmen. Es war mal wieder recht verwirrend und teilweise starker Verkehr, aber nicht bedrohlich, wie in China. Es gab einige Radfahrer, sie werden immer von Autofahrern respektiert. Sehr angenehm.
Aus dem Weg aus der Stadt kam ich zufällig an einer Kirche vorbei, an der ein grosses Schild hing „Bamboo Organ“
Die musste ich mir natürlich anschauen, gehört habe ich sie leider nicht.
Nach Tagaytay konnte ich die Hauptstraße endlich verlassen. Eine steile schmale Straße führte in Haarnadelkurven runter zum Taal See. Die starken Regenfälle der letzten Tage machten sich durch Erdrutsche bemerkbar.
Es war wunderschön, als ob man in einen Dschungel fährt. Kein Verkehr mehr, man hörte nur noch Tiere, keine Autos. Auf 10km ging es 600m noch unten. Hoch wollte ich das nicht fahren.
Ab und zu kamen kleine Siedlungen und Reisfelder. Hier fragte man mich nicht nach dem „Woher“ wie in den „Stan“ Ländern, sondern nach dem „Wohin“. Ich weiß nicht was sinnvoller ist. (Ich komme aus Deutschland und fahre nach Deutschland, ich komme von dort und fahre nach dort)
Teilweise war es höllisch steil. Kinder hatten die Freude daran, mir beim Schieben zu helfen.
Dafür hatte man öfters einen herrlichen Blick über den See mit den Vulkanen.
Egal, ob ein Jeepney voll ist, man kann immer noch aufs Dach sitzen oder vorne auf die Kühlerhaube.
Es wurde wieder früh dunkel, mir war klar, ich schaffe es nicht mehr irgendwo hin, wo es offiziell etwas zum Übernachten gab. War mir gerade recht, ich wollte eh am liebsten am See irgendwo zelten.Ich musste nur einmal fragen, da wurde ich schon eingeladen, etwas abseits der Straße Richtung See auf einem privaten Platz zu zelten. Sehr nett.
Morgens besuchte ich zuerst die Fischer. Jeder wusste schon über mich Bescheid und alle waren sehr nett, beantworteten meine Fragen.
In der Stadt, die zu dem See gehört, richtig, heißt auch Taal, stand ich auf einmal vor der größten katholischen Kirche Asiens. das war wenigstens angeschrieben.
Natürlich war gerade Hochzeit, das steht hier an der Tagesordnung, so katholisch wie das Land ist. Die Brautpaare sind noch sehr jung.
Danach war es nicht mehr weit zum Hafen von Batangas und ich konnte auf meine erste Insel, Mindoro, übersetzen. Mir war schon ganz anders als zwei Männer auf einem schmalen Brett mein voll bepacktes Fahrrad an Bord trugen.
Richtig übel war es mir nach der einen Stunde Überfahrt, aber alles kam heil in Puerto Galera an. Sofort merkte ich, Mann spricht deutsch. Ich musste mich nur kurz erholen, dann fuhr ich weiter nach Sabang. Hier habe ich nur ein paar Stufen weg vom Meer ein super günstiges Zimmer bekommen, mit Blick übers Meer und WiFi. Der Urlaub konnte beginnen.
Ganze drei Nächte, zwei volle Tage, habe ich es hier ausgehalten. Einen Tag hat es fast nur geregnet, so blieb viel Zeit zum Schreiben.
Fahrradfahren auf den Philippinen ist wie Urlaub. Man muss nicht groß planen, überall am Wegesrand gab es genug zum Essen
vor allem diese leckeren Bananen, entweder mit Zuckerkruste oder frittiert. Damit kommt man einige Kilometer weit. Auch andere Leckereien bekam man am angeboten, direkt vom Baum.
Jeden Abend wurde mir ein Platz zum Zelten angeboten.
Eigentlich gab es auch hier immer normale Toiletten, aber auch hier scheint der Gebrauch noch nicht so bekannt zu sein. Dieses Schild war an einer Toilette in einem Kaufhaus.
Was es auch überall gibt sind Videoke, die Nachfolge von Karaoke, mit Video dazu. Am Wichtigsten sind immer noch die Lautsprecher. Vor allem am Wochenende schallte es aus jeder zweiten Hütte, auch aus Schulen. Leider singt kaum jemand richtig, aber Hauptsache sie haben Spaß daran.
Je kleiner die Insel, desto mehr Aufsehen errege ich mit meinem Fahrrad.
Hier in Guimaras. Eigentlich wollte ich auf den Philippinen mehr Tage am Strand verbringen und weniger Radfahren. Ich saß dann doch wieder fast jeden Tag auf dem Rad. Das machte nichts, denn ersten sah es so aus, als ob ich in Australien noch Zeit genug zum Schwimmen hätte, und zweitens waren die Philippinen zum Fahrradfahren weitaus besser als ich jemals vermutet hätte.
Nur noch hier habe ich einen Tag in einem „Beach Ressort“ verbracht. Das reichte dann auch. Da es Regenzeit war, war es schön ruhig. Außer mir waren nur Einheimische dort.
Fast jeden Tag werde ich von den Hähnen geweckt, sie sind hier fast so heilig wie die Kuh in Indien. Mindestens einmal die Woche finden Hahnenkämpfe in den Dörfern statt. In Deutschland würde der Nachbar wahrscheinlich schon Sturm laufen, wenn man ein Hahn im Garten hat, hier kann man problemlos 10 von dem Federvieh halten.
In keinem anderen Land habe ich so viele Kinder gesehen, wie hier. Überall wuselt es. Mich würde interessieren wie es hier in 20 Jahren aussieht, wenn es so weiter geht.
Von der kleinen, wenig bevölkerten Insel Guimaras kam ich nach Bacolod auf Negros. Einer der größten Städte in dem Land. Es war schon dunkel, als die Fähre anlegte. Zum Glück habe ich einen netten Einheimischen mit Fahrrad getroffen, denn es war auch noch der erste Tag des Maskara Festivals.
Die Straßen waren brechend voll. Ich war so viel Trubel nicht mehr gewohnt. Ohne Probleme führte mich Eric zu einer Pension etwas außerhalb.
Bevor die Bevölkerung wieder die Straßen blockierte, bin ich weiter. In Mindoro und Panay wurde hauptsächlich Reis angebaut. Negros ist voll von Zuckerrohr. Es ist Erntezeit, in der Luft hing der süße, herbe Geruch der Pflanzen, wenn nicht gerade ein alter Lastwagen vorbei gefahren war, der für die Ernte eingesetzt wurde. Manchmal kamen fünf auf einmal, dann war ich von den Abgasen der voll beladenen LKWs eingedeckt. Danach war wieder für ein Weilchen Ruhe.
Alles war nass und es sah nach noch mehr Regen aus. Nicht gerade ideal um zu zelten. Da sah ich ein Basketballfeld in einem kleinen Dorf. An der Seite war eine überdachte Bühne, ein idealer Platz zum Zelten. Ich fragte, wer denn für den Platz verantwortlich wäre. Nachdem ich mein Wunsch geäußert hatte, fuhr ein Junge los und holte seinen Großvater, den „Captain of the Barrangay“, den Ortsvorsteher, einen zahnlosen, alten Mann mit roter Wollmütze. Ich wurde sogleich herzlich willkommen geheißen und wir diskutierten die verschiedene Möglichkeiten zum Zelten. Wenn es stark regnet, bildet sich anscheinend auf der Bühne ein See, sehr unangenehm. Der Captain meinte, ich könne doch auch im Day Care, Hort oder Kindergarten, schlafen. Das war natürlich die beste Lösung, vor allem, da es kurz darauf heftig geschüttet hatte.
Julius, der Junge, leistete mir noch ein Weilchen Gesellschaft. Er ist 17 Jahre und arbeitet in einem Café in der nächst größeren Stadt. Dafür bekommt er ca 40 Euro im Monat. Er hat 8 Geschwister, seine Mutter ist 36 Jahre, er ist der älteste. Ich würde sagen, eine normale Philippinische Familie. Manchmal, wenn es abends wird, ich nicht gut drauf bin und wieder die Schlafplatzsuche ansteht, denke ich, all die Kinder haben es gut, die haben ein zu Hause, wo sie schlafen können. Jetzt habe ich erfahren, damit lag ich total falsch. Julius hat ein zu Hause, da kann er aber nicht schlafen. Genauer habe ich nicht nachgefragt, ich nehme an, es hat nicht genug Platz. Meistens schläft er im Day Care oder bei einem Freund. Der Day Care ist praktischen in Familienhand. Der Großonkel ist der Nachtwächter und die Großmutter die Erzieherin. So haben es diese Kinder noch gut.
Ich schlief auch nicht alleine in dem Raum. Der zweitälteste kam, legte sich in eine Ecke und schlief, ohne viel zu sagen, als ich aufwachte saß ein jüngerer halb am Tisch und schlief so, Julius selber schlief unter einem Tisch im Nachbargebäude.
Zusammen haben wir am nächsten Tag gefrühstückt, ich verteilte Erdnussbutterbrote und Kaffee. Familie ist hier sehr wichtig. Dass meine Eltern gestorben sind und ich so alleine umher reise, stimmte den Kleinen sehr traurig und fragte mich, was ich denn an Weihnachten mache. Ich meinte, da bin ich wahrscheinlich bei Freunden in Australien. Darauf hin meinte er, wenn ich zurück kommen wolle, ich würde sie alle hier wieder finden. Sehr nett.
Es war Sonntag, keine Kinder standen vor der Tür und eilig hatte ich es auch nicht. Julius hat Negros Occidental noch nie verlassen. Trotzdem wusste er über die Straßenbeschaffenheit nach Dumaguete (Hauptstadt von Negros Oriental) genauestens Bescheid. Lachend meinte er nur, da hätte ich ja eine schöne Herausforderung vor mir. Irgendwann nahm ich dann die Herausforderung an. Die Berge waren nicht so schlimm, dafür die Baustellen. Gerade hatte ich wieder alles geputzt, da ich dachte es wäre jetzt vorbei, kommt die nächste Baustelle, Ärger. Dementsprechend dreckig kam ich in Dumaguete an. Hier wollte ich eine Verlängerung des Visums beantragen, darum suchte ich mir in der Mitte der Stadt ein günstiges Hotel.
Leider nahm sich keiner meinem dreckigen Fahrrad an. Morgens um 8Uhr, als das Büro für die Visa Verlängerung öffnete, war ich schon da. Einige Männer um die 60 von verschiedenen Nationen der westlichen Welt auch. Nur der zuständige Beamte noch nicht. Ich gab alles ab, kam um 9Uhr wieder und hatte meine Verlängerung. Damit hatte ich natürlich nach den Erfahrungen in China nicht gerechnet. Da ich im Hotel schon sagte, dass ich noch eine Nacht bleiben werde, stand mir ein herrlicher Urlaubstag, ein richtiger Wellness und Schönheitstag. Zuerst mal wieder eine Rückenmassage, so etwas kommt immer gut und ist so günstig, dann eine professionell Maniküre und Pediküre, alles so günstig. Ich konnte mir richtig vorstellen, warum Rentner sich hier niederlassen. Hier kann man sich all die Annehmlichkeiten leisten, wofür man in Deutschland Unsummen zahlen müsste.
Auf dem Weg durch die Stadt habe ich Anders, einen jungen Dänen, getroffen, der mit mir mit dem Flugzeug aus Hongkong kam. Er war neun Tage auf einer einsamen Insel, hauptsächlich zum Nichtstun und zum Tauchen. Ich habe ihm von meinen Geschichten erzählt. Da wir beide am nächsten Tag weiter nach Siquijor wollten, meinte er, vielleicht kauft er sich ein Fahrrad und kommt mit mir mit. Sehr ernst genommen habe ich das nicht, bin zum Fährhafen, um mich nach Fähren zu erkundigen. Es fuhr nur eine um 5:45 und um 10Uhr oder so, wo ich mein Fahrrad mitnehmen konnte. Damit ich gleich eine feste Entscheidung getroffen hatte und es mir nicht noch anders überlege, kaufte ich mir gleich ein Ticket für 5:45.
Kaum zurück im Hotel klopft es an der Tür. So etwas! Es war Anders, ganz glücklich, wollte mir sein neues Fahrrad zeigen! Er hatte dafür 3000 Pesos, ca. 56,50 Euro dafür bezahlt. Dass ich so früh am Morgen die Fähre nehmen wollte, ließ ihn nicht von seinem Vorhaben abbringen, mich zu begleiten. Die Straße um Siquijor ist gerade mal 75km lang, soweit wird er wohl mit dem Fahrrad kommen.
Tatsächlich war er am nächsten Tag schon vor mir am Hafen. Es war mal wieder ein sehr kleines Boot und trotz der frühen Tageszeit bis zum letzten Platz voll. Jetzt kann ich mir gut vorstellen, warum man so schnell untergeht, wenn das Schiff sinkt. Wie soll man da heraus kommen?
Die Überfahrt hat 2 Stunden gedauert, das war sehr grenzwertig, kurz vor der totalen Übelkeit. Normaler Weise mag ich Fahrt mit der Fähre, allerdings häufen sie sich in den letzten Tagen sehr. Die Inseln könnten ruhig ein bisschen größer sein, dass man eine Woche darauf fahren kann.
Nachdem wir in Siquijor haben wir zuerst einmal gefrühstückt. Luft und Wasser nachgefüllt. Dann gings los. Aber nicht lange, nach einem Kilometer hat Anders ein Pedal verloren. Das kann ja heiter werden. Noch was Gutes an den Philippinen ist, man findet überall Werkstätten, das Pedal war gleich wieder dran, vorerst zumindest.
Auf dem ersten Hügel war ein Plakat für die deutsche Wurst.
Alles was das Herz begehrt, nur nicht meines, ich konnte gut weiter fahren. Man sieht, man spricht deutsch!
Wir sind fast um die ganze Insel, teilweise wunderschön, direkt am Meer, teilweise sehr hügelig, ein ewiges auf und ab. In einem kleinen Ort haben wir was zum Übernachten bei einem Engländer gefunden, für Anders ein Zimmer, ich konnte mein Zelt aufstellen. Hier hatten wir wirklich einen Ruhetag, es gab nichts zu tun, außer Fahrrad zu putzen für mich und Anders hat seine Pedale schweißen lassen. Es war mir langsam peinlich mit einem so dreckigen Fahrrad herum zu fahren. Der nächste Tag war praktisch auch fast wieder ein Ruhetag, da die Fähre nach Bohol erst abends um 19Uhr fuhr. Bis zum Hafen waren es gerade mal noch 20 km. Genug Zeit immer wieder anzuhalten und Anders Pedale richten zu lassen.
Obwohl es nur 4 Stunden bis Bohol waren, haben wir einen Liegeplatz gebucht.
Ich weiß nicht wie viele Betten dort standen. Ein Glück, dass alles auf Deck war, alle Seiten offen. Fast alle Liegen waren belegt.
Um 23 Uhr kamen wir in Tagbilaran an. Alles war noch hell erleuchtet, die Straßen voll von Leuten. Bis Mitternacht hatten wir dann auch eine kleine Herberge gefunden.
Nächsten Tag hatte Anders einen aufgeschlitzten Reifen, sah nicht nach Vandalismus aus, eher Materialmangel. Es war immer noch etwas Luft drin. Darum hatten wir uns nicht weiter darum gekümmert, es gab immer wieder genug Plätze, wo man ihn aufpumpen konnte.
Die nächste Strecke, am südlichen Ufer von Bohol von Tagbilaran nach Jagna, war einer der schönsten und einfachsten Strecken von der ganzen Philippinen-Tour. Die Straße führt direkt am Meer entlang.
Auf der anderen Seite kamen all die alten Kulturdenkmäler der spanischen Zeit,
die heute noch so viel Einfluss auf das Land hatten.
In Jagna war Anders gesamtes Tretlager im Eimer. Wir haben uns an einem Fahrradladen verabschiedet. Hier trennten uns sowieso unsere Wege, ich wollte quer über die Insel zu den „Chocolate Hills“, Anders wollte weiter um die Insel herum. Er hat sich noch überlegt, ob er das Fahrrad wieder verkauft und den Bus nimmt, oder reparieren lässt und weiter fährt. Mit so einem Fahrrad kommt wirklich keine Freude auf.
Für mich hieß es 20km bergauf, am Schluss sehr steil. Es war gerade 16Uhr, Schulschluss. Eine Gruppe von Mädchen, ca 12 Jahren, hat mich begleitet. Eine davon sprach sehr gut Englisch, sie musste all die Fragen der anderen Mädchen übersetzen. Auch hier machten sie sich wirklich sorgen um mich, dass ich so alleine bin. Es war eine sehr angenehme Begleitung, der Aufstieg war überhaupt kein Problem mehr. Irgendwann konnte ich wieder fahren und ließ die Meute hinter mir. Sie hat mich leider nicht mehr eingeholt.
Gerade beim Sonnenuntergang hatte ich den Berggipfel erreicht. Ein paar Hütten standen da und in der Mitte war ein großer, betonierter Basketballplatz. Dort konnte ich mein Zelt aufstellen. Obwohl es wirklich wenige Hütten war, war ich gleich wieder von einigen Kindern umgeben.
Nette, unaufdringliche Kinder, die überhaupt nicht lästig werden. Sie waren auch bald wieder verschwunden und ich konnte mich in mein Zelt zurück ziehen.
Am nächsten Morgen kam der „Chef of Barangai“ vorbei und fragt, ob ich gut geschlafen hätte. Alles ganz prima, meinte ich und es wären alles sehr nette Leute, das hat ihn auch gefreut.
Mitten auf der Insel befinden sich die Chocolate Hills, die heißen so da im Herbst verfärbt sich das Gras auf den Bergen braun und sieht aus wie Schokolade.
Auch hier befand sich ein „May Peace Prevail on Earth“ Pfosten, wie ich ihn schon in der Mongolei, Kambodscha, und Ecuador gesehen habe.
Schnell ging es von dort auf die Nordseite der Insel.
Dann habe ich den Fehler begangen, gleich die Fähre nach Cebu zu nehmen. Es war Samstag Abend, der Verkehr und Lärm war schlimmer als in Manila. Das einzige, was ich dort sehen wollte, war das Magellan Kreuz, von 1521, als Magellan auf Cebu landete.
Dann aber nichts wie raus aus der Stadt. Zuerst noch sehr viel Verkehr und Busse, die einem Radfahrer das Leben schwer machen können. Nach ca 20km wurde es besser.
Am Abend fand ich noch ein nettes, ruhiges Plätzchen zum Zelten.
Nur von Ferne hörte ich noch die Videoke Gesänge.
Da mich überhaupt nichts auf Cebu hielt, bin gleich in den Norden nach Bogo City gefahren, habe dort um Mitternacht die Fähre nach Masbate genommen
Diese kleine, ruhige Insel lag mir viel mehr. Damit ich nicht gleich wieder am anderen Ende der Insel angelangt war, habe ich einen Umweg gewählt.
Es war wunderschön, sehr bergig, teilweise auf Schotterposten.
Kurz vor Masbate City ging ein es von der Straße ab, durch ein Tor Richtung Meer. Ein paar Frauen saßen am Eingang. Ich fragte, ob das ein Ressort sei und ob ich da zelten könne. Sofort war auch der „Care Taker“, der Aufpasser da, sehr nett, sehr jung. Natürlich könnte ich hier zelten, obwohl es eigentlich nur tagsüber offen ist. Zusammen liefen wir durch den Park und suchten einen geeigneten Platz. Sofort haben sich auch wieder alle Kinder versammelt. Wieder wollte ich von ein paar wissen, wie viele Geschwister sie haben, viele mussten erst nachzählen. Zwischen 10 und 13 scheinen normal zu sein. Ich frage mich wirklich, wie das Land mit dieser Bevölkerungsexplosion umgehen will. Viele Kinder können gar nicht in die Schule gehen, es ist zu teuer. Schon jetzt hängen viele Leute einfach auf der Straße herum.
Ich fühlte mich auf dem Platz recht sicher, zumal das Tor ja Nachts abgeschlossen wird. Trotzdem meinte der Betreuer, er müsse mich beschützen und wollte auf einem Liegestuhl vor meinem Zelt schlafen. Das konnte ich ihm gerade noch ausreden. Er schlief dann in dem kleinen Häuschen am Eingang.
Kaum war ich am nächsten Tag wieder aus dem Zelt gekrochen, waren alle Kinder wieder da. Zu interessant waren alle meine Sachen, besonders an meinem Benzinkocher hatten sie großes Interesse, jung und alt. Da mein Hinterrad platt war, habe ich beschlossen ihn gleich zu flicken, wo die Temperaturen noch erträglich waren. Für die Kinder war das eine gute Lektion.
Noch 20km bis nach Masbate City. Um die Mittagszeit konnte ich gleich die Fähre nach Ticao nehmen. Je kleiner die Inseln und die Abstände dazwischen, desto kleiner die Fähren. Es war mal wieder nur ein Ausleger, der mich auf die andere, noch kleinere Insel brachte. Dort landete ich praktisch im nichts. Nur ein paar Hütten standen herum, die nannten sich Burgos. Verfahren konnte man sich nicht, es gab nur eine „Straße“ (unbefestigter Weg) zur Auswahl. Einmal rauf und einmal runter schön durch Bananenstauden, dann war ich auf der anderen Seite der Insel. Diese Insel ist nicht sehr entwickelt und an den Essständen am Wegesrand gab es zum Reis zu meinem Bedauern nur Fisch oder andere Sachen aus dem Meer.
Kurz vor San Jacinto kam wieder ein Beach ressort, sehr einfach, wo die Einheimischen zum Schwimmen hin gehen, nicht zum Übernachten. Trotzdem ließen sie mich ganz prima auf der Wiese oberhalb des weißen Standstrandes zelten. Eine Horde sehr netter College Studenten machten sich hier einen netten Tag.
Noch bevor ich mein Zelt aufgebaut hatte, hatte ich eine riesige Portion Nudeln in der Hand.
Bevor sie kurz darauf verschwanden, sangen sie mir noch ein Ständchen. Welch ein Hörgenuss nach all dem Videoke Lärm.
Auch hier blieb der Aufpasser mit seiner Frau extra wegen mir über Nacht hier, hat sich dann erst am nächsten Morgen verabschiedet.
Als ich mein Zelt aufstellte, musste ich aufpassen, dass ich nicht unter einer Kokosnuss bin. Eigentlich wollte ich mir am nächsten Tag Zeit lassen, dann musste ich aber schnell mein Zelt zusammenpacken, die Kokosnüsse wurden geerntet.
Es war abenteuerlich das mit anzuschauen. Egal ob der Typ die Nüsse vom Boden aus, mit einer zu weiß nicht wie langen zusammengesteckten Bambusstange herunter holen wollte, oder in Windeseile hinauf kraxelte.
Trotz des morgigen Intermezzo war ich um 8Uhr schon wieder auf der Fähre, diesmal nach Bulan, was wieder auf Luzon ist. Es war somit mit meine letzte Überfahrt, wenigstens übers Meer, und die abenteuerlichste. Mein Fahrrad wurde einfach außen am Boot angebunden.
Ich bin dann auch gleich außen sitzen geblieben, damit ich alles im Auge behalten konnte. Alles ging wieder gut und wohl erhalten bin ich auf Luzon angekommen. Jetzt standen mir noch über 600km bis Manila bevor. Ich hatte noch einige Tage, bis mein Flug nach Australien ging, deswegen konnte ich mir Zeit lassen und nette Nebenwege aussuchen.
An diesem Südostzipfel der Insel befinden sich einige Vulkane, sehr bergig, Zuerst war die Spitze des Edelvulkans Mayon von Wolken behangen, dann klärte es sich auf
Edel deswegen, weil der Kraterrand perfekt geformt sein soll. In den letzten Jahren ist aber leider ein Stück davon abgebrochen.
Luzon, die „Hauptinsel“ der Philippinen wird nicht gerade als Fahrradparadies gesehen. Aber auch hier gibt es idyllische Nebenstraßen ohne Verkehr.
Wie es auf meiner Landkarte ersichtlich war, endete eine der Straßen an einem Fluss. Da auf der anderen Seite eine Straße weiter ging, nahm ich an, dass es Boote zum Übersetzen geben würde. So war es dann auch. Nur hatte sich der erste Fischer geweigert mich mit meinem voll bepackten Fahrrad mitzunehmen. Ein zweiter Fischer war skrupelloser und half mir. Es war eine ganz schön wackelige Angelegenheit in dem winzigen schmalen Boot.
Den letzten Teil musste der Fischer das Boot schieben, ganz schön anstrengend in dem Schlamm. Gerne hätte ich ihm geholfen, mir war aber wirklich nicht danach, bis zu den Hüften in dem Wasser zu waten. Trockenen Fußes und Reifens kam ich auf der anderen Seite an, wo ich auf einem sehr schmalen Pfad raus gelassen wurde. Ich habe ihm mehr Geld als verlangt gegeben, er musste ja wirklich hart arbeiten und er hat sicherlich auch eine Horde von Kindern zu versorgen.
Wie schon erwähnt, zelten konnte ich an allen möglichen und unmöglichen Orte, mal mitten auf dem Markt oder wie hier in Barangay Hall, einem Gemeinschaftsraum des Ortes.
So kam ich immer wieder mit Frauen ins Gespräch. Die Tochter, etwa Mitte 30, des Captain of Baragay hier, war sehr gesprächig. Eine der ersten Fragen ist immer, „Wo ist Dein Ehemann?“ In anderen Kulturen, wo es sowieso Sprachbarrieren gibt, wenn die Unterschiede zu groß sind, wenn ich zu müde für weitere Diskussionen bin, bediene ich mich einer Ersatzlüge und meine, er sei in Deutschland, Geld verdienen. Die Frauen hier kann ich ruhig mit einem anderen Lebensstil konfrontieren. Für sie ist es auch nicht verständlich, dass man keinen Ehemann und keine Kinder hat. Sie meinen, sie seien ein katholisches Land, deswegen wird geheiratet und Kinder in die Welt gesetzt. Auch wenn es den Frauen dabei nicht gut geht. Joy, die Tochter des Captain, erzählte mir, seit sie vier Jahre alt ist, hat ihr Vater Mätressen. Das scheint auf den Philippinen üblich zu sein. Ich frage mich, wo da der Einfluss der katholischen Kirche ist, oder wenn 14jaehrige Mädchen schwanger werden. Sie hat darunter sehr gelitten, ihre Mutter natürlich auch, sie wohnen noch unter einem Dach, haben aber weiter nichts miteinander zu tun. Mir wurde mal gesagt, es gäbe keine Scheidungen auf den Philippinen, was ich nicht ganz glaube, es scheint aber eher die Ausnahme. Joy ist jetzt selbst verheiratet, hat (bisher) „nur“ drei Kinder, auf meine Frage, ob sie glücklich ist, kam zögerlich als Antwort, ja, und nach einer Pause, „wenn er gut zu mir ist“.
Und über allem schwebt die katholische Kirche! Der Präsident möchte nun Verhütungsmittel zugänglich machen und subventionieren, worauf die Kirche meinte, dann wird er exkommuniziert. (Mehr darüber im Reuters Artikel).
An einem anderen Abend hatte ich eine interessante Unterhaltung mit einer Frau über Armut, Erziehung und Korruption. Nicht nur die Vielzahl der Kinder ist Grund der Armut, auch die Korruption. Ich bin wirklich mal gespannt, wie es hier in 10 Jahren aussieht. Es gibt schon jetzt so viele Straßenkinder und weiterhin werden Kinder geboren, die nicht in die Schule können, weil kein Geld da ist. Ich würde Politiker und Bischöfe raten, mal mit dem Fahrrad über die Inseln zu fahren, damit sie selber sehen, was los ist.
Wenn ich in Hotels wäre, würde ich einen sehr interessanten Teil der Reise verpassen.
Leider kam dann ein Taifun, den ich zum Glück nur noch am Rande mitbekommen habe, aber das hat mir gereicht. Tagelang nur noch regen und stürmisch böiger Wind, dass ich beschlossen habe früher nach Manila, zurück zu fahren.
So hatte ich dann noch genug Zeit, meine Sachen zu packen, Päckchen weg zuschicken etc… bevor mein Flug am 29. Oktober nach Australien ging.