Einiges hat sich seit meinem letzten Fahrradbesuch in Italien geändert. Es gibt nun Fahrradwege und Autofahrer warten an Zebrastreifen, zumindest mannchmal. Auch das Frühstück ist erfreulicher. Der Kaffee war ja schon immer gut, aber jetzt gibt es auch was “Richtiges” nicht nur in Folie eingepackte Croissants.
Zuerst musste ich mir mal in Verona eine Landkarte von Norditalien besorgen. Das war gar nicht so einfach. Dazu kam noch, dass mein Fahrradcomputer entgültig den Geist aufgegeben hat. Da ich trotzdem versuchte, ihn zu reparieren, habe ich ganz schön vie Zeit in der Stadt verbracht, bis ich mich endlich Richtung Vizenca aufmachen konnte. Die Strecke war nichts besonderes, ich bin hauptsächliche auf der Hauptstrasse geblieben. Hier in Norditalien ist alles topfeben und natürlich wesentlich wärmer als in Deutschland, immerhin Temperaturen über Null.
In einem kleinen Ort konnte ich auf einem Platz in der Sonne eine Mittagspause machen, das ist doch gleich ein ganz anderes Lebensgefühl.
Vor Vizenca wollte ich in einem MacDonalds ins Internet. Das ist auch hier prinzipiell möglich, aber nur mit italienischer Telefonnumer, man muss sich damit registrieren. Meine Deutsche Handynummer wurde nicht akzeptiert – nichts zu machen.
Vizenca hat mir sehr gut gefallen. Es gab auch mehr Buchläden, wo ich eine weitere sehr gute Landkarte bekam. Auch hier war ich in der Jugendherberge, sehr nett, mit Internet.
Am nächsten Morgen ging es mir überhaupt nicht gut. Ich weiss auch nicht warum. Ich schleppte mich nur so dahin, habe an der Seite der Strasse nur eine kleine Pause machen wollen, und schon stand die Carabinieri da, wollte wissen,was ich da mache. Da ich ihnen nichts erklären wollte, bin ich weiter und konnte gerade noch vor der Siesta in einer Stadt Aspirin besorgen. Nachdem ich gleich zwei eingenommen hatte und auf einer Parkbank ein Powernap gemacht hatte, ging es welten besser. Ohne Probleme kam ich bis Treviso, einer anderen schönen alten Stadt.
Langsam wurde ich wieder fitter, konnte auch mal wieder über 100km am Tag fahren, Es war zwar wärmer als in Deutschland, abends, nach Sonnenuntergang wurde es aber spürbar kalt. Auch kurz vor Triest waren einige Flüsse noch zugefroren.
Hier wurde es das erste Mal auch wieder richtig bergig! Dafür wurde es auch interessanter und ich hatte einen schönen Blick auf das Schloss Miramar in Triest
Das Meer hat immer eine sehr positive Wirkung auf mich, mirgehts einfach immer besser.
Es war erst Mittagszeit, als ich hier bei Marina, die mich eingeladen hat, angekommen bin. So war noch genug Zeit auf den Carnevalsumzug in eine Vorstadt von Triest zu gehen.
Einige Verkleidungen waren anders als bei uns, der grösste Teil ähnlich,
Viele politische oder Umweltschutzthemen.
Danach sind wir in die Innenstadt. Marina konnte mir einiges über die Geschichte erzählen, dass es Habsburgerisch war, dass Maria Theresia einen Teil trocke legen und die Grossen Gebäude bauen liess
Hier hörte ich auch zum ersten Mal von Bora, dem starken Wind zwischen Triest und Zadar (Kroatien). Es hat 2 Wochen lang gestürmt, Lastwagen sind umgekippt, das Meerwasser wurde an Land geblasen und gefror da.
Was aussieht wie Schnee, ist gefrorenes Meerwasser.
Ich hatte sowieso vor, am nächsten Tag einen Ruhetag einzulegen, Wäsche waschen, halt das übliche. Darum war ich gar nicht so traurig, dass es nicht so schönes Wetter war.
Am Montag wollte ich auf jeden Fall losfahren. Das hätte ich nicht gedacht, dass mich noch so ein schreckliches Wetter erwischt.
In Triest hat es leicht geregnet, eigentlich kein Problem. Nur von Triest aus ging es sehr hoch, der Regen ging immer mehr in Schnee über.
Autos mit viel Schnee kamen mir entgegen. In Basevizza bin ich Richtung Slowenien abgebogen. Nach ein paar Metern wurde ich von der Polizei angehalten. Wohin ich denn fahren wolle, in Slowenien würden mich schreckliche Wetterverhältnisse erwarten (sie sprachen sehr gut Englisch). Ich meinte, ich wolle nur kurz Slowenien queren und nach Opatija in Kroatien. Da wäre ich falsch, da müsste ich woanders abbiegen. Und da würde es 2 km den Berg hoch gehen, worauf ich nur meinte, ich komme aus Triest, ich wäre schon 10 km den Berg hochgefahren. In der Zwischenzeit hat einer der Polizisten meine Schwalbe Marathon Winter Spikereifen entdeckt. Worauf sie nur lachten, mir auf die Schulter klopften und mich weiter ziehen liessen.
Das schlimmste Stück kam nach der Grenze. Der Bora hat hier richtig zugeschlagen und den ganzen Schnee über die sonst geräumte Strasse gefegt.
Schnee, Berg, schlechte Sicht und Wind, nicht gerade das was man braucht. Ich muss ein merkwürdiges Bild abgegeben haben, denn des öfteren wurde ich fotografiert. Entgegen allen Vorhersagen, ging es nach der Grenze ganz schön auf und ab, und der Bora brachte mir selten Rückenwind. Dafür war der Verkehr bei Weitem nicht so stark wie prophezeit. Ab und zu war sogar eine recht schöne, friedliche Stimmung, alles weiss und der Himmel grau.
Nach ca 35 km in Slowenien, habe ich die Kroatische Grenze erreicht. Wahrscheinlich das letzte Mal, dass ich hier Grenzbeamte antreffen, ab nächstem Jahr gehört auch dieses Land der EU an.
Diese staunten nicht schlecht mich ankommen zu sehen.
Als Belohnung für die Strapazen des Tages ging es von dort an nur noch bergab, bis nach Opatija am Meer. Je tiefer ich kam, desto weniger Schnee lag. In Opatija war direkt schönes Wetter.
Ivo, ein Radfahrer und mein Gastgeber für die Nacht, hat mich am Ortseingang getroffen, so war ich nach dem anstrengenden Tag schnell in meiner Unterkunft.
Am nächsten Tag war das Wetter wie ausgewechselt. Die Sonne scheinte, als ob sie nie etwas anderes gemacht hätte. Da kommt gleich eine ganz andere Stimmung auf, was auch Ivo dazu veranlassst hatte, mich bis hinter Rijeka zu begleitetn.
Danach ging es richtig schön bergauf und der Wind wurde immer stärker. Da ich öfters um die Buchten fahren musste, kam der Bora frontal von Osten die Berge herunter. Teilweise war da nur noch schiegen angesagt, egal ob es bergrauf oder runter ging.
Keine Frage, der Ausblick, der sich mir über die Inseln bot, war fantastisch.
Die Strasse führte an allen kleinen Orten vorbei. In diese hätte ich ganz nach unten fahren müssen, was es mir dann auch nicht wert war. So habe ich erst spät Pause gemacht, als eine grössere Ortschaft kam.
Danach wurde es mit dem Wind erst richtig kriminell. Das Wasser wurde stark aufgewirbelt. Zum Glück erreichte ich noch vor Sonnenuntergang Senj, ein grösserer Ort, wo es tatsächlich auch um diese Jahreszeit ein Zimmer gab.
Das war aber nicht so toll, dass ich dort bleiben wollte, und bin trotz des starken Windes weitergefahren. Weit kam ich allerdings nicht, nicht mal bis in die Ortsmitte. Nach ein paar hunder Meter hat mich der Wind vom Fahrrad geblasen. Darauf hin habe ich nur noch mein Fahrrad in den Ort geschoben, mich in eine Hotelbar gesetzt, wo es eigentlich Internet geben hätte sollen. Das funktionierte allerdings nicht. Sie meinten in einer Stunde wäre es wieder OK und der Wind würde in zwei Stunden leichter werden. Das passt ja, dachte ich zuerst.
Nach 3½ Stunden habe ich die Lokalität wieder verlassen, das Internet ging immer noch nicht und Wind bliess wie zuvor. Ich hielt es dort aber nicht mehr aus. In Kroatien darf man noch in den Kneipen rauchen.
Ich habe einfach mal mein Fahrrad losgeschoben,fahren war immer noch nicht möglich, wollte wissen, wie weit ich komme. Am Ortsende kam mir ein Fussgänger entgegen, der meinte, ich solle doch lieber auf der Strasseninnenseite laufen. Das ging wirklich viel besser, war auch angenehmer, da ich weiter vom Abgrund, an dem es selten Leitplanken hatte, entfernt war. Das unangenehme war in den scharfen Kurven, wenn die Autos, die entgegen kamen, einen erst kurz vorher sehen konnten.
Für Motorradfahrer, grosse Busse, Fahrzeuge mit Anhänger war das Fahren der Strecke verboten. Ich fragte mich, ob sie nur nicht kein Fahrradverbotsschild angebracht hatten, das sie nie auf die Idee gekommen sind, dass da jemand Fahrradfahren können wollen möchte.
Nur Dank meines Doppelkinns hat mein Helm gehalten, sonst hätte es ihn einfach weggeweht.
Immer noch fragte ich mich, wie weit ich wohl fahren würde, aber immer noch nichts veranlasste mich zur Umkehr, überhaupt als ich sah, dass in einer zu schaffendenn Entfernung eine Ortschaft kam. Die habe ich dann auch nach einiger Zeit lebend erreicht. Es war erst 14:30, aber nach einem Blick auf meine Landkarte, die mir sagte, dass es in nächsten 40 Kilometer nichts mehr kommen würde, war es das dann auch, ich beschloss zu bleiben. Auch hier waren einige „Zimmer“ oder „Sobe“ Schilder, aber alles verlassen. Ich fragte herum, aber keine positive Antwort. Der Gasthof Mul, der normalerweise das ganze Jahr über Zimmer vermietet, hatte einen Rohrbruch und somit kein Wasser, also auch kein Zimmer. Schliesslich habe ich eine Gruppe von Männern gefragt, einer meinte dann in sehr gutem Deutsch, für eine Nacht könne ich auch mit zu ihm kommen.
Er hatte 34 Jahre in Deutschland gearbeitet, und wie es der Zufall so will, ganz in meiner alten Heimat in Deizisau bei Plochingen. Wegen Kurzarbeit wurde er frühpensioniert und verbringt die meiste Zeit in diesem Ort Sveti Jurai. Mit seiner Freundin verbrachten wir einen sehr netten abend in seinem Haus. Zuerst hatte er ein Haus in Serbien, an der Donau. Da er aber Kroate ist, musste er das Haus mit einem Serbe, der in Kroatien ein Haus hatte, tauschen. So hat es ihn hierher verschlagen.
Ununterbrochen, stürmte der Wind weiter, Seit drei Wochen konnten die Fischer nicht mehr auf See, sogar grosse Schiffe kenterten.
Am nächsten Morgen war davon nichts mehr zu spüren, Bora war verschwunden, schönster Sonnenschein, richtig friedlich.
Nach einem gemeinsamen Frühstück fuhr ich los. Die Küstenlandschaft ist sehr bergig. Zuerst ging es 12 km nur den Berg hoch, dann immer auf und ab.
Von oben sah ich die Fähre nach Pag gerade ablegen.
So konnte ich mir noch Zeit lassen, bis in einer Stunde die nächste Fähre ging.
Auf Pag war zuerst mal Steinwüste, da lässt der Bora nichts wachsen, alles wird weggeblasen, auch die ganze Erde. Ganz oben standen ein paar recht mitgenommene, kleine Palmen.
8km ging es teilweise steil nach oben, dann wurde es langsam ein bisschen grüner. Auf einem kleinen Feldweg, der teilweise abgesperrt war, wovon ich mich nicht drausbringen liess, ging es Richtung Pag. Im letzten Teil standen einige Häuser, die sahen total verlassen aus. Einige hatten Sturmschäden. Hier hätte ich im Notfall Schutz gefunden. Ich habe allerdings wieder einmal den Fehler gemacht, nach Pag weiter zu fahren. Dort konnte ich auch nicht mein Zelt aufschlagen und musste ein Zimmer suchen. Alles was hier offen war, war sündhaft teuer.
Schliesslich konnte ich einen auf einen halbwegs angebrachten Preis runterhandeln.
Wenigstens war Internet und ein wunderbares Frühstück mit dabei.
Am nächsten Tag ging es zuerst wieder sehr ruhig über Feldwege weiter. Nur manche Vögel flogen auf und Schafe blöckten, sonst nichts, bis ich auf die Hauptstrasse kam, die direckt am Meer entlang ging,
Dann gings über eine Brücke aufs Festland, was hier eigentlich auch mehr eine Halbinsel ist und über die Berge nach Zadar, das Ende des Bora! Welch eine Erleichterung. Weiter südlich gibts natürlich auch Winde, aber keine so starke wie Bora.
Noch ein Stück und ich war in Biograd, wo ich bei einem jungen Radfahrer übernachten konnte. Er hat bis zum Grundschulalter in Deutschland gewohnt, dann sind sie zuerst zurück nach Serbien, mussten dann auch, weil sie Kroaten sind, mit jemanden in Kroatien das Haus tauschen und sind so in Biograd gelandet.
Am folgenden Tag traf ich meine ersten Reiseradler, ein Pärchen aus Australien. Sie haben die Strecke praktisch gerade hinter sich, die ich jetzt noch fahren will. War wirklich eine sehr nette Überraschung und eine willkommene längere Pause.
Wieder einmal war wunderbarer Sonnenschein. Sie waren wesentlich leichter gekleidet als. Aus Faulheit und wegen dem trotzdem noch recht kalten Wind, habe ich noch meine warmen Sachen an. Ausserdem meinten sie, dass sie immer Zelten würden. Jetzt gab es natürlich für mich auch keine Ausrede mehr und ich suchte mir für den Abend ein nettes Plätzchen, was ich schliesslich auf einem verlassenen Fussballfeld fand.
Wunderbar habe ich gechlafen, mit meinem neuen Zelt und Schlafsack war es direkt warm. Nur der Nachteil ist, dass es früh dunkel wird. Und wenn man kein Licht anmachen möchte, damit man keine Aufmerksamkeit auf sich zu lenkt, verbringt man über 12 Stunden im Zelt und kann ausser schlafen nicht viel machen.
War ich froh, dass ich tags zuvor so viel gefahren war. Das Wetter war dann nämlich nicht mehr so gut, es regnete und hatte Gegenwind. Bis Split war es aber nicht sehr weit, wo ich wieder einen Übernachtungseinladung hatte.
Zuerst musste ich aber einige Kilometer durch kein so schönes Industriegebiet und Hochhäuser, bis ich endlich die Altstadt entdeckte,