Vor neun Jahren war ich schon einmal für drei Monate in Neuseeland Fahrrad fahren. Danach hatte ich beschlossen, nie mehr wieder. Es hatte fast die ganze Zeit nur geregnet und war furchtbar kalt, obwohl es Sommer war hatte ich morgens Eis auf meinem Zelt. Das war wirklich kein Vergnügen.
Inzwischen hatte ich so viele positive Berichte über Neuseeland gehört und habe wegen der Hitze in Australien beschlossen, ich gebe dem Land noch einmal eine Chance.
Am 14. Januar früh morgens bin ich in Christchurch gelandet. Nach ein paar wenigen Stunden Schlaf, bis die Sonne aufging, habe ich etwas entdeckt, was es sonst noch auf keinem Flughafen gab
ein „Zusammenbauplatz“ für Fahrräder. Welch ein Service!!
In kurzer Zeit hatte ich mein Fahrrad fahrbereit zusammengebaut.
Eigentlich wären die Temperaturen angenehm gewesen. Da ich aber die Hitze in Australien gewohnt war, war mir recht kalt, wenigstens hat es nicht geregnet.
Der Weg durch Christchurch war erschreckend. Natürlich hatte auch ich von dem verheerenden Erdbeben vor zwei Jahren dort gehört, was allerdings wahrscheinlich für die meisten für uns wieder in Vergessenheit geraten ist. Für die Einwohner hier ist es absolut noch Gegenwart
Ganze Straßenbereiche sind noch gesperrt,
halb verfallene Häuser werden abgerissen,
und wer weiß was mit der großen Kathedrale passiert.
Es gibt aber auch sehr erfreuliches unter all den Trümmern, viele fantasievolle Projekte, die die Innenstadt wieder attraktiver macht, wie das Re:start Projekt
meist einfach in Containern sind all die Läden und Cafés untergebracht und sehr nett gestaltet.
Mit mir waren Eric und Iris aus Frankreich bei dem Warm Shower host (sollte bekannt sein: warmshowers.org). Sie kamen einen Tag zuvor und sind am nächsten morgen im strömenden Regen gestartet.
Tapfer, tapfer. Ich hatte noch genug Gründe, einen Tag zu bleiben und all meine Vorräte zu besorgen. Das Wetter war genau so wie ich es in Erinnerung hatte. Es hat einen halben Tag gebraucht, bis ich mich endlich hinaus wagte.
Tags darauf war zum Glück der Regen vorbei und ich konnte bei relativ schönem Wetter auf Seitenstraßen und durch kleine, schmucke Dörfer
Richtung Südwesten radeln. Ich hatte vor zuerst ein paar Runden auf der Südinsel zu drehen, bevor ich Anfang März Alex und Martin in Wellington treffe und mit denen zusammen die Nordinsel erkunde.
Ehrlich gesagt, der Anfang war noch nicht sehr spannend. Ebene, gerade Straßen, bis zum Horizont, gesäumt von ewig hohen Hecken, meist aus Nadelbäumen, wahrscheinlich um den Wind abzuhalten, der ungebremst, eiskalt, von der Antarktis her wehen kann. Gegen später wurde es etwas interessanter, hügeliger und an der wunderschönen Rakaia Schlucht
fand ich meinen ersten Platz, wo ich mein Zelt aufstellen konnte.
Da es sehr nach Regen aussah, blieb ich auf dem offiziellen Campingplatz und war erfreut über den Preis, ungefähr 1/3 von dem in Australien.
Am nächsten Tag konnte ich im Trockenen noch zusammenpacken. Es dauerte nicht lange, dann hat es angefangen zu regnen, zuerst nicht sehr stark, dass ich dachte, ich komme ohne Regenhose und Überschuhe aus. Auf einmal war es dann zu spät, es goss wie aus Kübeln, ich war patschnass, fror und überlegte mir, warum ich nur auf die Idee gekommen bin, wieder nach Neuseeland zu fliegen. Wie soll ich das nur die nächsten drei Monate aushalten.
In einem kleinen Ort sah ich zwei Fahrräder vor einem Café stehen. Die kenne ich doch, dachte ich und tatsächlich, Eric und Iris wärmten sich gerade auf. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Zusammen konnten wir unsere Witze über das Wetter machen und auf einmal war es nicht mehr so schlimm und wir fuhren weiter.
Hat Australien den spezifischen Geruch der Gummibäume, ist es in Neuseeland der Geruch von Schafen, sei es von der Weide oder von den Schaftransportern. Besonders wenn es regnet und man von dem ganze Nass der Trucks vollgespritzt wird, fühlt man sich selber bald als Schaf, zumindest riecht man danach.
Und wieder einmal war es so, gerade wenn man denkt, es kann eigentlich nicht schlimmer kommen, kommt es schlimmer, in Form von Hagel. In Neuseeland gibt es kaum Unterstellmöglichkeiten und die Entfernungen von einem Ort zum anderen können sehr lang sein. Da hilft nichts, einfach Augen zu und durch, einfach weiter fahren, bis vielleicht doch noch eine Wellblechhütte kommt.
Welch eine große Überraschung am nächsten Morgen: blauer Himmel!! Sogar mit Fernsicht!
Das ist doch gleich ein ganz anderes Fahrrad fahren. Ohne Probleme ging es zuerst durch das Burkes Pass Dorf,
sieht eher aus wie in Freilichtmuseum, als dass hier wirklich noch irgend jemand wohnt
und dann über den Burkes Pass. Es war Freitag Abend. Ein Auto kam nach dem anderen, alle schienen zum Lake Tekapo zu wollen. Wir beschlossen vorher noch unser Zelt aufzustellen.
Am nächsten Tag immer noch Sonnenschein, ich konnte es kaum glauben. Allerdings war streckenweise starker Wind. Ich fuhr kurz vor den beiden los, wir wollten uns spätestens an der Straße am nächsten See, Pukaki, treffen. Nur, die Straße war gesperrt! So habe ich Eric und Iris verloren und fuhr alleine wieder weiter. Schade, sie waren angenehme Mitradler. Allerdings war unsere gemeinsame Strecke eh bald zu Ende. Auf einem neuen Radweg, mit genialer Sicht, fuhr ich am Lake Pukaki entlang.
und machte schon früh Schluss, erstens, weil es dort ein geniales Plätzchen zum Zelten gab und zweitens hoffte ich, dass die beiden vielleicht doch noch vorbei kommen.
Dem war leider nicht so. Alleine genoss ich von hier den Blick auf den Mount Cook.
Überall werden neue Radwege durch wunderbare Landschaft angelegt, fernab von jeglichem Verkehr. Leider war teilweise so viel Schotter auf den Wegen, was das Fahren nicht gerade angenehm macht.
Ganz besonders abenteuerlich ist der erste Teil der Strecke entlang vom Lake Ohau (ja, hier kommt ein See nach dem anderen). Auf einem Single Trail geht es dem Ufer entlang.
Später ist er dann schon „touristengerechter“ ausgebaut und bietet schöne Plätzchen für eine Pause
Manche der Seen sind Stauseen. Ich weiß nicht wie viele Dämme es hier gibt und wie viel Strom erzeugt wird. Neuseeland hat keine Kernkraftwerke. Ich denke, dass die der meiste Strom von Wasserkraft kommt. Eine der größten Anlangen ist der Benmore Damm. Wirklich beeindruckend, wie viel Wasser hier in die Tiefe stürzt.
das dann in den nächsten See fließt, dem Aviemore See.
mit wieder wunderbaren Plätzen zum Zelten.
Ich konnte es kaum glauben, wie schön das Wetter hier sein kann und wie lange es anhält. Letztes Mal bin ich einige Strecken gefahren, wo man erahnen konnte, dass sie bei schönem Wetter sehr schön sein müssen, ich sie aber wegen dem Regen und Kälte überhaupt nicht genießen konnte. Da ich deswegen dieses Mal das beste aus dem schönen Wetter machen wollte, bin ich gefahren und gefahren und gefahren…
Gleich nach dem Aviemore See kam der Densey’s Pass
eine der wunderbarsten Strecken hier.
letztes mal hat es hier geschneit. Vielleicht habe ich deswegen überhaupt nichts wieder erkannt.
Es ging zwar sehr steil hoch, war aber traumhaft schön. Die Wolken zogen auf, hinter dem Pass schien aber noch blauer Himmel zu sein.
Das trieb mich dann immer weiter, bis ich hinter dem Kamm überraschender Weise einen kleinen Camping Platz gefunden hatte. Trotz später Stunde, es war schon 20
Uhr, hat dort die Sonne noch gescheint.
Das sind zwei Punkte von Neuseeland, die ich außerordentlich erfreulich finde. Erstens, es gibt immer wieder DOC (Department of Conservation) Camping Plätze, die teilweise sogar kostenlos sind und es ist taghell bis nach 21 Uhr. Man muss sich nicht groß beeilen um irgendwo anzukommen.
Nach einem gesunden, ausgiebigem Schlaf ging es hauptsächlich weiter den Berg hinunter bis zu dem kleinen historischen Dörfchen Naseby.
Das kleine Uhrmacherhäuschen hat mir besonders gut gefallen. Es machte direkt den Eindruck, als ob es noch aktiv wäre.
Strecke, die ich dieses mal nicht wieder unbedingt fahren wollte, war der Otage Central Rail Trail. Generell finde ich diese Radwege auf ehemaligen Bahnstrecken nicht gerade spannend. Sie gehen weitgehendst eben und gerade aus, so wie ein Zug fahren kann. Trotzdem bin ich wieder darauf gelandet. Der RailTrail scheint nicht nur für Fahrradtouristen sehr beliebt zu sein. Es waren noch Schulferien und Horden von Familien und Jugendlichen unterwegs. Ich bin erst ungefähr in der Mitte bei Weddeburn auf den Radweg gekommen, kurz vor der höchsten Stelle, 618m. Für mich ging es dann fast nur noch leicht bergab.
Das letzte Mal bin ich nur die erste Hälfte gefahren. Von diesem jetzigen Teil war ich sehr viel mehr angetan.
Viel spektakulärer, durch Schluchten und über Brücken. Das beste an den Trails ist, nach 17 Uhr sieht man niemanden mehr. Alle Radfahrer sind schon unter der Dusche oder im Pub. Da die Strecke auch weitgehendst fern von Straßen sind, kann man ungestört überall sein Zelt aufstellen.
Vor 9Uhr am nächsten morgen ist hier niemand unterwegs. Ich bin eh meistens die erste.
Langsam näherte ich mich Queenstown, der „Action and Adventure“ Stadt. Schon weit vor deren Tor, kann man sein Mut mit Bungy Jumping unter Beweis stellen.
Hier weiß man wenigstens genau, wann man springt und dass alles in einer, vielleicht zwei Minuten vorbei ist. Ich weiß nie, wann der nächste Schaftransporter von hinten angerollt kommt und wie lange er ist. Dafür bekomme ich die ganze Adrenalinausschüttung gratis. Um Queenstown herum habe sie viele, sehr schöne Radwege angelegt. Da die Besucher dieser Stadt im Allgemeinen junge furchtlose (Möchtegern-)Sportler sind, reichte es über die Schluchten einfache Hängebrücken aufzustellen.
Einmal meinte ich mitten drin anhalten zu müssen um ein Photo zu machen. Nie mehr wieder!
Ab und zu ging es wunderbar idyllisch durch den dichten Wald.
Ein „Herr der Ringe“ Gefühl kommt auf. Einige Teile wurden hier um Arrowtown gedreht.
Ein „Ruhetag“ war mal wieder angesagt. Für meine nächste Etappe wollte ich noch ein paar Informationen holen. Queenstown ist sehr schön am See zwischen Bergen gelegen. Allerdings scheint das um den ganzen Erdball bekannt zu sein. Selten sah ich so viele Touristen. Manche legten sich praktisch direkt in der Stadt am See in die pralle Sonne.
Darüber schüttelten sogar die Möven ihre Köpfe.
Am nächsten Morgen fuhr ich mit dem 100jährigen Dampfschiff TSS Earnlaw
über den Wakatipu See.
Wunderbar. Bei dem wunderbaren Wetter war das Schiff total voll
Ich dachte, ich wäre eine der einzigen, die am Walter’s Peak, auf der anderen Seite ausstieg.
9 Jahre zuvor war ich schon mal hier. Damals konnte ich die Schönheit in den Wolken und Regen nur erahnen. Heute entfaltete sich vor mir in voller Breite.
Ein paar Flussdurchquerungen zur Abkühlung waren sehr willkommen.
Dann kamen sie von hinten angerauscht. Zuerst die fittesten, dann die Nachzügler. Eigentlich waren sie mit ihren kleinen Rucksäcken viel schneller als ich. Genau so wie sie das Fahren genossen, genossen sie die Pausen.
Mir hat ihre Art sehr gut gefallen und gesellte mich zu ihnen.
Eine von denen hatte Geburtstag und das war ihr Geburtstagsevent. Da zeigt sich was wahre Freunde sind. Unterwegs wurden sie sehr gut versorgt und vom Wetter verwöhnt.
Dann war es geschaffte, wir waren oben an den Mavora Lakes, wo dann auch überraschender Weise auf mich ein fantastisches Abendessen wartete. Ein paar der Freunde kamen mit dem Auto und haben das meiste schon aufgebaut. Neun Jahre zuvor war ich die einzige da oben. An diesem Tag waren noch Schulferien, ein Wochenende und wunderbares Wetter. Wen wundert es, dass mehr Leute diese schöne Gegend genossen.
Eine nette Erinnerung an die Geburtstagsfeier war das Smily auf dem Daumen.
Das erheitert wirklich, wenn mal nicht alles so rosig ist. Hauptsache der Daumen ist es.
Die Geburtstagsgesellschaft fuhr am nächsten Tag zurück nach Queenstown, ich fuhr weiter nach Süden, nach Te Anau. Hier ist auch der Ausgangspunkt zum Milford Sound, eine der Hauptattraktionen von Neuseeland. Da ich schon letztes mal dort war, dachte ich, dieses mal kann ich mir den Abstecher ersparen. Vor allem war mir nicht nach dem 1,5 km langen Tunnel, wo ich gestürzt bin und immer noch einen krummen Finger habe.
Ich erinnerte mich, dass schon die Fahrt Richtung Tunnel spektakulär war und dass es entlang dem See Te Anau, viele schöne einfache Campingplätze gab.
Einer davon war wieder mein Ziel und es war mal wieder grandios.
In der Abendstimmung traf ich Steve und Luk, Vater und Sohn, die zusammen mit dem Motorrad unterwegs waren. Sie luden mich zu sich auf die Nordinsel ein. Mal sehen, ob es klappt.
Für mich ging es weiter nach Süden, einfach der Straße nach, mit relativ wenig Verkehr, bis ich am Südrand der Südinsel am Meer angekommen war.
Hier wurde ich nicht nur von dem wunderbaren Wetter, sondern auch mit den herrlichen Plätzen zum Zelten verwöhnt. Am besten sind die ganz einfachen, die teilweise kostenlos sind.
Nach so viel Natur hielt wollte ich nicht in Invercargil, der südlichsten Stadt bleiben. Nur ein Verlangen hatte ich, ein Friseur. So gönnte ich mir in der Mittagspause Haare waschen und einen neuen Schnitt. Bei der Hitze konnte es ruhig wieder kürzer sein.
Danach ging es aber gleich weiter zu den Catlins, dem Küstenstreifen östlich von Invercargil, eine der schönsten Gegenden der Insel. Die meisten wollen zum „Bluff“, das ist fuer Autofahrer der südlichste Punkt auf dem Festland Neuseelands, da wo der Highway endet. Ich habe mir Bluff erspart, für Radfahrer geht es noch südlicher, bis zum wirklichen südlichsten Punkt des Festlandes.
(Hier mit neuer Friseur)
Fantastisch ist hier nicht nur der Küstenstreifen mit den verschieden Felsformationen, sondern auch die absolut dichten Wälder. Ich liebe einfach das Moos und den Farn überall. Zum Glück gibt es einige Ausweichstrecken. Ab 9:30 morgens ist auf der Hauptstrecke einiger Betrieb.
Hier war alles schön ruhig, nur ein Auto der „Rural Post“ kam vorbei. Ich wunderte mich nur über Autospuren, die in Schlangenlinien sich vor mir her zogen. Ganz schön betrunken muss der Fahrer gewesen sein, ganz schön gefährlich in der Gegend, abgelegen wie es hier ist. Zum Glück ist es mir nicht begegnet!
Ein paar Kilometer weiter wurde ich über die wahre Ursache der Schlangenlinien aufgeklärt. Es war kein betrunkener Fahrer, sondern ein Schäfer, der seine Schafe vor sich her trieb.
Eigentlich sollte man sich in Neuseeland an so etwas schnell gewöhnen.
Noch kurz einen Abstecher zu den Purakaunui Wasserfälle. Die Wasserfälle selber waren nicht sehr besonders. Der Weg dorthin dafür umso mehr.
Ein Weg durch dichtesten Wald.
Noch kurz um den Catlins See, dann war es nicht mehr weit bis nach Kakapoint, wo ich wieder eine Warm Shower Einladung hatte und ein wunderbar erholsames Wochenende verbrachte. Da ich das wunderbare Wetter voll auskosten wollte, bin ich gefahren und gefahren und gefahren. Das schöne Wetter hielt länger an als meine Energie. Umso mehr freute ich mich über die Einladung. Der Hausherr hat sich am Samstag morgen mit Familie verabschiedet und hinterließ mir Hund und Haus.
Der Hund war einfach fantastisch, gehorchte mir sofort, es sei denn es waren Seelöwen am Strand.
Gleich um die Ecke von Kakapoint ist Nugget Point
Hauptattraktion ist der Leuchtturm. Man konnte auch Seelöwen sehen, von denen hatte ich aber genug, und wenn man Glück hatte sah man von Weitem „Gelbauge Pinguine
Hier praktisch als schwarzer Fleck in der Mitte des Photos.
Am Sonntag Abend kam Mark zurück, ich habe Haus und Hund wieder übergeben und bin wohl erholt am Montag 4. Februar weiter.
Schön wieder von Dir zu lesen, gucke oft in Deinen Blog ob denn wieder ein neuer Bericht drin steht. Freut mich übrigens sehr für Dich, daß Du diesmal besseres Wetter in Neuseeland hast. Und wenn ich Deine Fotos so anschau, kann man Dich ja nur beneiden. Genieße die Zeit dort und viel Glück weiterhin.
Gruß aus dem Norden, Ricarda